Lady Ashtons Testament

Sie sei stolz darauf, was bisher erreicht worden sei, aber „es war hart“, bekannte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton Ende Juli, als sie die ersten zwei Jahre des „Europäischen Dienstes für auswärtiges Handeln“ bilanzierte. Ashton selbst will jedenfalls nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren, wenn nächstes Jahr die obersten Posten in der EU-Kommission neu vergeben werden.

Der EU-Außendienst (EDA), der zwischen EU-Kommission und Ministerrat angesiedelt ist, ist in nur zwei Jahren zu einer stattlichen Behörde mit mehr als 3500 Beamten und 139 Delegationen in aller Welt gewachsen. Als Außenbeauftragte vertritt Catherine Ashton die EU in allen auswärtigen Angelegenheiten, sie ist zugleich Vizepräsidentin der Kommission und Vorsitzende der EU-Ministerräte für die Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Hinzu kommt, dass sie für all diese Bereiche im EU-Parlament Rede und Antwort stehen muss.

Kein Wunder, dass immer mal wieder jemand in diesen Instanzen sauer war, weil sie statt auf irgendwelchen wichtigen Sitzungen gerade anderswo aufzutreten hatte. Es ist ihrem Geschick zu verdanken, dass sich die Kritik daran nicht an ihrer Person festmacht, sondern an der vom Lissabon-Vertrag vorgegebenen Grauzone, in der das Amt angesiedelt ist. Das Problem könnte zumindest teilweise dadurch entschärft werden, sagt Ashton, dass ein Generalsekretär des EAD auch als Stellvertreter der oder des Außenbeauftragten vorm Parlament erscheinen könnte, ähnlich den Parlamentarischen Staatssekretären in mehreren EU-Regierungen. Allerdings müsste für die Schaffung eines solchen Postens ein legislatives EU-Verfahren in Gang gesetzt, womöglich sogar der Lissabon-Vertrag ergänzt werden.

Dazu sowie zu der von Ashton als „bisher ungeklärt“ bezeichneten Verteilung zwischen außen- und sicherheitspolitischen Aufgaben soll der EU-Gipfel im Dezember politische Richtlinien formulieren. Bis dahin werden Straffung des Amts und die Integration des Militär- und Sicherheitsbereichs die Debatte beherrschen.

Ashton will Sicherheitspolitik und Nothilfe enger verzahnen

Eine Reihe von organisatorischen Änderungen hält Ashton für dringend. So müsse Schluss damit sein, dass die EU-Delegationen im Ausland sowohl der EU-Kommission als auch dem Außendienst Bericht erstatten müssen. Derzeit müssen die Delegationen Entwicklungsprojekte oder humanitäre Hilfen gegenüber verschiedenen Brüsseler Instanzen nach unterschiedlichen Verfahren bearbeiten, was den Verwaltungsaufwand verdoppelt. Ashton plädiert außerdem dafür, das sicherheitspolitische Lagezentrum im EAD und den Nothilfe-Wachdienst der EU-Kommission, die beide rund um die Uhr besetzt sind, zusammenzulegen. Sowohl im Parlament als auch bei humanitären und entwicklungspolitischen Hilfswerken stößt das allerdings auf Bedenken.

Auch in anderen Vorschlägen von Ashton wird deutlich, dass die Außenbeauftragte die außenpolitischen Zuständigkeiten gerne stärker in ihrem Dienst zentralisieren würde. Ähnliche Vorstellungen gibt es auch in einigen europäischen Hauptstädten (siehe „welt-sichten“ 5/2013, S. 53) – mit einem entscheidenden Unterschied: Die EU-Regierungen sähen den EAD gern unter dem Dach des Ministerrats. Ashtons Vorschläge hingegen gehen in die Richtung einer autonomen Behörde, die letztlich nur sich selbst gegenüber rechenschaftspflichtig ist.

Das ist schon jetzt weitgehend der Fall – kein Wort im Lissabon-Vertrag verpflichtet den EAD dazu, dem Parlament und der Öffentlichkeit, noch nicht einmal den anderen EU- Instanzen Rede und Antwort zu stehen. Dass Ashton sich dennoch ums EU-Parlament bemüht hat – und überhaupt um fleißige öffentlichkeitswirksame Auftritte –, hatte einen anderen Grund: für das Amt Akzeptanz zu schaffen. Und damit war sie durchaus erfolgreich.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2013: Solidarität: Was Menschen verbindet
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