Kaufen, sparen – und damit etwas Gutes tun

Wer helfen will, die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen und Männern in Entwicklungsländern zu verbessern, kann das auch von zu Hause aus – zum Beispiel mit dem Konsum fair gehandelter Produkte. Und Sparer? Die können ihr Geld zwar schon seit geraumer Zeit in ethisch akzeptable Fonds anlegen, doch entwicklungspolitische Kriterien haben in der Finanzbranche bisher keine Rolle gespielt. Das ändert sich jetzt.

Hungerkrise, Finanz- und Wirtschaftskrise, Klimawandel, Energiekrise. Alles wird immer komplizierter und immer schlimmer! Was kann man da schon tun, werde ich oft gefragt. Hilft da nicht nur noch, zum Beispiel einem ausgewählten Kind etwas zu geben? Persönliches, konkretes Engagement, selbst etwas ethisch Sinnvolles tun zu können – das wünschen sich immer mehr Menschen.

Ein noch zu wenig genutztes Betätigungsfeld dazu ist die eigene Alltagsgestaltung. Mit unserem Konsum können wir bereits zur Verbesserung der Umwelt- und Lebensbedingungen von Menschen im ländlichen Raum und in den Fabriken des Südens beitragen: Der Einkauf regionaler, biologischer sowie fair hergestellter und gehandelter Waren wird zunehmend einfacher. Der Markt für diese Produkte wächst.

Wir sind froh, dass der Faire Handel eine Erfolgsgeschichte ist. Anfangs als bedeutungslose Gutmenschenspinnerei belächelt, hat er heute relevante Zuwachsraten und Marktanteile. Aber nicht minder wichtig finde ich: Der Faire Handel hat vorgemacht, dass wir mit unserem Alltagshandeln etwas in die richtige Richtung bewegen können. Das ist Politik mit dem Einkaufskorb für vernachlässigte Kleinbauernfamilien. Der Faire Handel hat gezeigt: Handel kann so gestaltet werden, dass er Entwicklung fördert und Armut bekämpft. Und ich als Einzelne und meine Gemeinde können dazu beitragen.

 

Autorin

Cornelia Füllkrug-Weitzel

ist Präsidentin von „Brot für die Welt“ in Berlin.
Gibt es weitere Bereiche des alltäglichen Lebens, die ich dazu nutzen kann, Politik zugunsten der Armen und und Benachteiligten und zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung zu befördern? Nach Angaben der britischen Notenbank hat der Finanzcrash in wenigen Monaten zu Verlusten von 2,8 Billionen Dollar geführt. Das ist mehr, als die reichen Staaten in fünfzig Jahren an Entwicklungshilfe aufgebracht haben. In den letzten drei Monaten des Jahres 2008 wurde von den OECD-Staaten allein für die Stabilisierung des Bankenwesens das 40-fache der Summe aufgebracht, die im selben Jahr für die Bewältigung der großen Menschheitsaufgaben, nämlich die Überwindung der Armut und den Klimaschutz, bereitgestellt wurde. Die Finanzkrise hat in dramatischer Weise Entwicklungserfolge von Jahrzehnten zerstört. Die Armen zahlen für eine Party, die anderswo gefeiert wurde. Ähnlich wie der Handel hat das Finanzwesen aber nicht nur das Zeug, die Bemühungen um Armutsbekämpfung zu untergraben, sondern kann umgekehrt auch gewaltig dazu beitragen. Selten war deutlicher als heute: Es ist höchste Zeit für mehr Ethik auf dem Finanzmarkt. Es ist Zeit, die Macht der Anleger ethisch zu nutzen.

Zum Fairen Handel haben wir dieser Tage darum ein zweites Instrument bereitgestellt, mit dessen Hilfe Einzelpersonen ihre Ressourcen ethisch sinnvoll zugunsten von Armutsbekämpfung und Menschenrechten nutzen können. Gemeinsam mit dem Südwind-Institut haben wir Kriterien für eine entwicklungspolitische Bewertung von Finanzanlagen entwickelt.

„Nachhaltige“ Geldanlagen stellen ein stark wachsendes Segment auf dem Finanzmarkt dar. Bisher achten diese Fonds aber kaum darauf, inwieweit Investitionen zur Verbesserung der Lebenssituation armer Menschen beitragen. Diese Lücke haben wir geschlossen, indem wir einen Katalog differenzierter Kriterien erarbeitet und einen Kriterienausschusses eingerichtet haben, der daran unter dem Vorsitz von Heidemarie Wieczorek-Zeul kontinuierlich weiterarbeitet. Der Ausschuss ermöglicht die Auswahl entwicklungsfördernder Anlageobjekte für Finanzprodukte. Im März 2010 ging mit dem so genannten „FairWorldFonds“ auch schon ein Fonds an den Start, der eine Geldanlage nach diesen entwicklungspolitischen Kriterien möglich macht.

Die politische Regulierung der Finanzmärkte, die Arbeit kritischer Aktionäre, die Genossenschaftsbank Oikocredit und andere bleiben weiterhin notwendig. Doch wie der Faire Handel sollen ethische Geldanlagen nicht nur Einzelnen und Kirchen die Möglichkeit bieten, Entwicklungspolitik im Alltag zu machen, indem sie ihr Vermögen zukunftsfähig, verantwortungsvoll und entwicklungsfördernd anlegen. Wir hoffen vielmehr, damit auch in diesem Wirtschaftszweig Sensibilität dafür zu schaffen, dass er mit seinem Gebaren Leben und Entwicklung zerstören, aber eben auch befördern kann.

 

erschienen in Ausgabe 5 / 2010: Menschenrechte - Für ein Leben in Würde
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