Der Klimaschutz verträgt keinen Aufschub

Bis spätestens 2020 will die Weltgemeinschaft ein neues, verbindliches Klimaabkommen in Kraft setzen. Die Zeit bis dahin darf nicht ungenutzt verstreichen. Es genügt aber auch nicht mehr, jedes Jahr eine weitere Klimakonferenz auszurichten. Fünf Thesen, wie es in der Klimapolitik weitergehen sollte.

Schließlich endete sie doch nicht im vollständigen Fiasko, die Klimakonferenz im vergangenen Dezember in Durban. Sehr lang brauchte es, bis eine Allianz von über hundert Staaten unter Führung der Europäischen Union (EU) sowie der kleinen Inselstaaten endlich ernst machen wollte mit der Verantwortung für das Weltklima. Unterstützung fand sie vor allem bei den am wenigsten entwickelten Ländern. Die großen Treibhausgasverursacher (USA, Kanada, Russland, Japan, China, Indien, sowie die Ölstaaten) hingegen hatten bis zum Schluss kein anderes Ziel, als ihre eigenen Wirtschaftsvorteile zu sichern.

Darum gelang es erst in letzter Sekunde, ein Paket zu verabschieden. Es bekräftigt die Ergebnisse der Klimakonferenz 2010 im mexikanischen Cancún und fordert vor allem, den dort beschlossenen „Green Climate Fund“ einzurichten, aus dem künftig der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern finanziert werden sollen. Die Staaten haben in Durban außerdem beschlossen, bis 2015 ein völkerrechtlich bindendes Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll mit Verpflichtungen für alle Staaten zu verhandeln. Die EU hat im Gegenzug erklärt, sie werde sich bis zum Inkrafttreten eines solchen Abkommens auch nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 zu weiteren Treibhausgasreduktionen verpflichten. Das ist zwar mehr als nichts, doch da das neue Abkommen erst ab 2020 in Kraft treten soll, wird es laut Fachleuten schwer, die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Wie also sollte die Zeit bis dahin genutzt werden?

Autorin

Cornelia Füllkrug-Weitzel

ist Präsidentin von „Brot für die Welt“ in Berlin.

Erstens: Klimaschutz und Entwicklung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das gilt besonders für das Verhalten der Industrie-, zunehmend aber auch für Schwellenländer. Die entwicklungspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit muss den Klimaschutz fördern, statt ihn zu gefährden. Das finanzielle Engagement für das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden. Ohne Entwicklung bleibt Klimaschutz schwer erreichbar. Aber ohne Klimaschutz werden Entwicklungsbemühungen untergraben.

Zweitens: Eine ambitionierte Klimapolitik birgt wirtschaftliche und damit auch Entwicklungschancen. Die Erfahrung Deutschlands, wo 300.000 neue Jobs in den erneuerbaren Energien sowie der Umwelttechnologie geschaffen wurden, wo Effizienzgewinne Wettbewerbsvorteile schaffen, der Ausbau der erneuerbaren Energien die Wertschöpfung in den Regionen erhöht und die Abhängigkeit von Energieimporten mindert, sollte arme sowie Schwellenländer zur Nachahmung anregen.

Drittens: Wir brauchen einen Wandel von Werten und Lebensstilen. Energie- und Nahrungsmittelkrise haben gezeigt: Wir leben nicht in einer Welt unbegrenzter Möglichkeiten. Eine Lebens- und Wirtschaftsweise, die sich der Grenzenlosigkeit, einer uneingeschränkten Wachstumsideologie und einer rein materiellen Vorstellung von Reichtum verschrieben hat, ist nicht zukunftsfähig. Wir brauchen dringend eine kulturelle Transformation – hin zu einer Kultur der Genügsamkeit, die natürliche Grenzen anerkennt und Gemeinwohlorientierung sowie Zukunftsverantwortung fördert. Die christlichen Kirchen mit ihrem Glauben und ihren Werten können dabei eine wichtige Rolle spielen.

Viertens: Die Verhandlungen im Rahmen der UN-Klimakonvention (UNFCCC) sind weiterhin unverzichtbar, reichen aber nicht aus, um die globale Transformation schnell genug voranzubringen. Die Langsamsten bestimmen das Tempo und können blockieren. Innovative Bündnisse der „Willigen“ müssen Druck auf Blockierer ausüben und den UNFCCC-Prozess in Gang setzen. Das können bilaterale Kooperationen zum Klimaschutz sein, das kann aber auch der regionale Aufbau länderübergreifender Netze für erneuerbare Energien sein, wie es das DESERTEC-Projekt in Nordafrika beabsichtigt.

Fünftens: In Ergänzung zu den internationalen Klimaverhandlungen müssen Formen der Klimapolitik und -diplomatie „von unten“ gefördert werden. Der Zivilgesellschaft kommt eine wichtige Rolle zu. Sie muss politischen Druck ausüben und die Blockierer rechenschaftspflichtig machen. Ebenso kann sie den Wandel durch Diskurs, Lebensstilbewegungen und internationale Netzwerkbildung fördern.

 

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