Plädoyers für klimaschonende Entwicklungspfade

United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) Trade and Development Report 2009 Responding to the global crisis Climate change mitigation and development. Genf 2009, 184 Seiten.

Weltbank: World Development Report 2010. Development and Climate Change. Washington 2009, 397 Seiten.

United Nations Department of Economic and Social Affairs (DESA): World Economic and Social Survey 2009 Promoting Development. Saving the Planet. New York 2009, 242 Seiten. 

United Nations Population Fund (UNFPA): State of World Population 2009. Facing a Changing World: Women, Population and Climate New York 2009, 94 Seiten.

In den Jahresberichten von vier internationalen Organisationen ist der Klimawandel dieses Jahr ein Schwerpunkt: Die UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD), die Weltbank, die UN-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten (DESA) und der UN-Bevölkerungsfonds UNFPA bemängeln alle, dass die internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik weiter unzureichend sei. Entwicklungsländer müssten stärker einbezogen werden und könnten mit Anreizen überzeugt werden, klimaschonende Entwicklungspfade zu wählen. Die UNCTAD macht besonders viele konkrete Vorschläge für solche Anreize.

Die Autoren der Berichte sind sich einig, dass die Industrieländer vorangehen und mehr tun müssen. Die Weltbank verlangt von ihnen hohe Investitionen für den Klimaschutz und entschiedene CO2-Reduktionen. Dafür müssten die Menschen jedoch ihre Trägheit überwinden und ihren Lebensstil ändern – eine bemerkenswerte Feststellung für den Weltentwicklungsbericht.

Der Bericht der UNCTAD und der Weltentwicklungsbericht betonen, dass es nicht reiche, Anreize für die Vermeidung von CO2-Emissionen zu setzen. Die Politik müsse stattdessen strikte Ziele vorgeben. Auch das DESA stellt fest, die Wirtschaft werde von sich aus nicht ausreichend für die Stärkung alternativer Energien eintreten. Um die Energiekon­zerne politisch in die Pflicht zu nehmen, plädieren die Weltbank und die UNCTAD für eine Steuer auf CO2. Die UNCTAD spricht sich zudem für die Weiterentwicklung des bisherigen Emissionsrechtehandels (cap-and-trade) zu einem cap-and-tax-System aus. Danach dürfen Unternehmen die vom Staat vorgegebenen Emissionsgrenzen gegen Zahlung einer Steuer überschreiten; das werde den Übergang zu umweltschonender Technik erleichtern und Produktionsausfälle oder die Verlagerung von Fabriken ins Ausland vermeiden.

Firmen haben bisher auch zu wenig in die Erforschung klimafreundlicher Technik investiert, monieren die UNCTAD und die Weltbank. Dennoch setzen beide für die Zukunft große Hoffnungen in die Erforschung neuer Technologien. Die öffentliche Hand soll sie laut der UNCTAD subventionieren und relevante Patente von den Firmen kaufen. Das gelte auch für die Technik zur Abspaltung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS), heißt es weiter.

Die Entwicklungsländer könnten nur bei eigenem Wachstum dazu beitragen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, betont das DESA. Allerdings müsse ihr Wachstum möglichst emissionsarm geschehen. Die UNCTAD weist darauf hin, dass Klimaschutz nicht zwingend das Wachstum bremse. Im Gegenteil, neue Produkte und Wirtschaftszweige böten große Chancen auf Beschäftigung und Lohnsteigerungen gerade für Entwicklungsländer. Entsprechend fordern alle Berichte, diesen Ländern die Technik für alternative Energien einfacher zugänglich zu machen (Technologie-Transfer) und sie bei der Finanzierung solcher Techniken zu unterstützen. Das DESA plädiert für einen großen Investitionsschub in Entwicklungsländern. Ähnlich wie die Weltbank fordert es, die internationalen Klimafonds zu reformieren. Derzeit gebe es zu viele davon, die aber unterfinanziert seien. Die Weltbank, die selbst solche Fonds verwaltet, spricht hier allerdings auch im eigenen Interesse.

Die Industrieländer finanzieren Klimaschutz in Entwicklungsländern bisher unter anderem über den Clean Development Mechanism (CDM), der im Rahmen des Kyoto-Protokolls eingeführt wurde. Der CDM ermöglicht es ihnen, ihre Reduktionspflichten zu erfüllen, indem sie Emissionseinsparungen in Entwicklungsländern fördern. Eine Weiterentwicklung des CDM schlagen die UNCTAD und die Weltbank vor. Der Mechanismus werde nicht ausreichend genutzt und vor allem die ärmsten Länder erhielten daraus kaum Geld, kritisiert die UNCTAD. Bisher hätten vor allem Projekte den Prozess durchlaufen, deren Nutzen einfach zu quantifizieren sei. Projekte mit größerem, aber auf verschiedene Ebenen verteiltem Nutzen seien wegen Schwierigkeiten bei der Bewertung nicht berücksichtigt worden.

Die UNCTAD fordert auch ein internationales Anreizsystem zum Erhalt von Waldflächen. Waldschutz sei für die tropischen Gebiete Afrikas, Asiens und Lateinamerikas die günstigste Möglichkeit, das Klima zu schonen. Für die Landwirtschaft empfiehlt sie mehr ökologischen Anbau. Die Weltbank wird nicht so konkret, sondern spricht sich lediglich gegen schädliche Formen intensiver Landwirtschaft aus. Gleichzeitig mahnt sie, dass die Produktivität in der Landwirtschaft gefördert und die Wassernutzung effizienter gestaltet werden müssten.

Der Bericht des UNFPA geht besonders auf die Rolle von Frauen und die Bevölkerungszunahme ein. Auch in Entwicklungsländern müsse der private Energieverbrauch effizienter werden. Dafür sollten Frauen gefördert werden, die häufig für die häusliche Energie zuständig seien. Bessere Bildungschancen und mehr Mitbestimmung für Frauen trügen deshalb in Entwicklungsländern erheblich zum Klimaschutz bei. Dazu gehöre auch eine selbstbestimmte Geburtenplanung. Ein unkontrolliertes hohes Bevölkerungswachstum bedeute letztlich mehr Emissionen.

 

erschienen in Ausgabe 12 / 2009: Klimawandel: Warten auf die Katastrophe

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