Der ÖRK und der Vatikan reagieren auf einen Brief von Islamgelehrten an die christlichen Kirchen
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ermuntert seine Mitgliedskirchen zu einem neuen Anlauf im Dialog mit dem Islam. Er reagiert damit auf das „Gemeinsame Wort zwischen uns und euch“, mit dem sich Islamgelehrte aus aller Welt an die christlichen Kirchen gewandt hatten. Der Vatikan will mit den Unterzeichnern des Briefes ein katholisch-islamisches Forum einrichten.
Als „neue Chance für den interreligiösen Dialog“ hat der ÖRK-Generalsekretär Samuel Kobia den Brief der Islamgelehrten bezeichnet. In einer ausführlichen Stellungnahme von Ende März spricht der ÖRK sogar vom Wagnis eines „Neubeginns“, bei dem es darum gehe, alte Vorurteile zu überwinden. Es sei ein Stück harte Arbeit, das „Abgleiten in gegenseitige Schuldzuweisungen und Verurteilungen“ zu vermeiden und Respekt und Vertrauen neu zu erarbeiten, mahnt das Autoren-Team aus Fachleuten für den christlich-islamischen Dialog. „Genaues Zuhören“ sei notwendig, wenn Christen und Muslime jeweils über ihren Glauben sprechen.
Die ÖRK-Stellungnahme unter der Überschrift „Gemeinsam das Verständnis der Liebe erschließen – ein Lernprozess“ ist als Anregung für die Mitgliedskirchen gedacht, eigene Antworten auf die Dialog-Einladung der islamischen Gelehrten zu formulieren. Im Namen des ÖRK schlagen die Autoren eine Reihe von Konsultationen mit „muslimischen Führungspersönlichkeiten“ vor. Einzelheiten soll eine vom ÖRK eingesetzte Planungsgruppe festlegen.
Im Vatikan fand Anfang März ein erstes Treffen zwischen Unterzeichnern des „Gemeinsamen Wortes“ der Islam-Gelehrten und der römischen Kurie statt. Die fünfköpfige muslimische Delegation unter Leitung des in Cambridge lehrenden Briten Abdal Hakim Murad Winter vereinbarte mit den fünf katholischen Vertretern – unter ihnen der deutsche Jesuiten-Pater Christian Troll – die Einrichtung eines islamisch-katholischen Forums, das im November erstmals zusammenkommt. Thema des Treffens von je 24 Vertretern der beiden Religionen ist die Nächsten- und die Gottesliebe. Biblische und islamische Aussagen dazu stehen im Mittelpunkt des muslimischen Schreibens.
Die Endfassung des „Gemeinsamen Wortes“ hatten Teilnehmer einer Konferenz der Königlichen Akademie Jordaniens über die „Liebe im Koran“ formuliert. Die Konferenz, die im September 2007 Gelehrte aus allen islamischen Glaubensrichtungen und allen Regionen der Welt zusammengebracht hat, war Teil eines Dialogprozesses unter Muslimen, der im Jahr 2004 vom jordanischen König Abdullah II. angestoßen worden war. Bislang haben 246 Gelehrte das „Gemeinsame Wort“ unterzeichnet.
Bettina Stang
www.acommonword.com www.oikoumene.org/?id=5690&L=2 www.cibedo.de
welt-sichten 5-2008