Kanzler Scholz auf den Spuren der Grünen Energie in Kenia

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Wasserstoffproduktion in Afrika
Eines der sechs Geothermie-Kraftwerke in Olkaria in Kenia. Es steht mitten im Hell's Gate National Park. Es versorgt viele Menschen mit Strom und gilt als Vorzeigeprojekt sauberer Energiegewinnung (Foto vom 08.10.2017).
Erneuerbare Energien
Ende der Woche besucht Kanzler Olaf Scholz Kenia. Dort soll es um mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit gehen - und um klimafreundliche Energiegewinnung.

Nairobi - Es zischt und brodelt, wenn der 120 Grad heiße Wasserdampf aus dem Boden schießt. Mitten im Hell‘s Gate Nationalpark in Kenia, zwischen Zebraherden, Büffelfamilien und Giraffen, wird der Wasserdampf aus dem Erdinneren über Rohre in Turbinen geleitet und betreibt so die sechs Olkaria-Erdwärmekraftwerke. Die Tiere haben sich daran gewöhnt, ebenso wie an die vielen Touristen.

Hier wird sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstag über Kenias vorbildliche Nutzung erneuerbarer Energien informieren. Kenia deckt damit mehr als 90 Prozent seines Energiebedarfs. Erdwärme, auch Geothermie genannt, ist schon jetzt die größte Energiequelle in Kenia. Grün, verlässlich, wetterunabhängig. Potenziell könnten mit Erdwärme in Kenia etwa zehn Gigawatt produziert werden, bisher wird nur rund ein Zehntel davon genutzt.

Ruto sieht riesiges Potenzial für erneuerbare Energien

Wenn es nach Präsident William Ruto geht, dann soll bis 2030 die komplette Energiegewinnung klimafreundlich sein. Neben Erdwärme wird auch durch Wasserkraft nachhaltig Energie gewonnen, doch deren Verfügbarkeit nimmt aufgrund der immer häufiger werdenden Dürren in Ostafrika kontinuierlich ab. Ausgebaut wird dafür die Windkraft. 2018 wurde im Norden des Landes in der Region Turkana die größte Windfarm auf dem Kontinent eröffnet.

„Das Potenzial des afrikanischen Kontinents für die Produktion erneuerbarer Energien ist 50 Mal so groß wie der prognostizierte globale Energiebedarf 2040“, sagte Ruto bei seinem Besuch in Deutschland im März. Er erklärte auch, bis 2040 die Kapazität des kenianischen Stromnetzes von heute drei Gigawatt auf 100 Gigawatt ausbauen zu wollen. Rund ein Viertel der Haushalte in Kenia sind bisher nicht ans Stromnetz angeschlossen - und es gibt bisher nur wenig Industrie.

Deutschland sollte bei sich selbst aufräumen

Bei Rutos Besuch in Berlin kündigte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) an, die im vergangenen Jahr vereinbarte Klimapartnerschaft mit Kenia ausweiten und auch mehr Geld für den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen zu wollen. „Das Land ist ein ermutigendes Beispiel, dass die Energiewende weltweit funktionieren kann“, sagte Schulze.

Kenia will aber nicht nur als Vorbild gelobt werden. Ruto fordert auch, dass Industrieländer wie Deutschland bei sich selbst aufräumen. Es sei unfair, sagte Ruto Ende April in Nairobi, dass entwickelte Länder weiterhin ihre Industrie mit fossilen Energien antreiben.

In Kenia wiederum warnen Menschenrechtler davor, dass beim schnellen Ausbau auch nachhaltiger Energien die lokale Bevölkerung nicht genug in die Entscheidungsprozesse eingebunden und im schlimmsten Fall einfach vertrieben und enteignet wird. Gegen die Windkraftanlage in Turkana hatte eine Gruppe geklagt und Recht bekommen, doch am Ende drehen sich die Turbinen weiter.

Kanzlerdelegation beschäftigt sich mit grünen Wasserstoff

Eine Bohrung für einen Erdwärme-Brunnen, der dann etwa fünf Megawatt produzieren kann, kostet etwa fünf Millionen Euro. Schon seit mehr als vierzig Jahren unterstützt unter anderem die Europäische Investitionsbank den Ausbau der Olkaria-Kraftwerke mit Projektförderungen und Krediten. Gerade wurde eine neue Förderung durch die deutsche Entwicklungsbank KfW zugesagt, um die Turbinen zu erneuern.

Die KfW ließ 2019 auch untersuchen, ob es grundsätzlich Potenzial gäbe, die Energie in grünen Wasserstoff umzuwandeln - und daraus dann Düngemittel herzustellen, die Kenia bisher importiert. Dabei will Deutschland unterstützen, erklärte die Entwicklungsministerin im März: „Wenn es Kenia mit unserer Unterstützung gelingt, Dünger aus grünem Wasserstoff für den eigenen Markt herzustellen, ist das eine wichtige entwicklungspolitische Weichenstellung.“

Mit grünem Wasserstoff beschäftigt sich auch ein Teil der Delegation des Kanzlers während des Besuchs in Kenia, gemeinsam mit kenianischen Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern. Die Technologie ist noch nicht marktreif. Aber beide Länder hoffen, mit dem Durchbruch der Wasserstofftechnologie bald auch einen Durchbruch beim Aufbau klimaneutraler Industrien schaffen zu können.

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