Mit Bildung Barrieren überwinden

Zum Thema
Was tut sich in … Kenia?
Im Flüchtlingslager Kakuma ist die Nachfrage nach höherer Bildung groß, aber das Angebot sehr klein. Unser Autor, der seit 15 Jahren in dem Lager lebt, hat es mit starkem Willen trotzdem bis in ein Master-Programm für Dolmetscher geschafft.

Ich bin ein Flüchtling aus Äthiopien und lebe seit mehr als zwei Jahrzehnten in Kenia, davon seit 15 Jahren im Flüchtlingslager Kakuma im Nordwesten des Landes. Die Lebensumstände dort sind schwierig, es fehlt an Ressourcen, Arbeitsplätzen und Zugang zu höherer BildungDennoch habe ich nie aufgegeben, sondern immer versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Ich habe verschiedene Jobs und Stipendien genutzt, um mich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. 

In Kakuma habe ich per Fernstudium an verschiedenen Universitäten Abschlüsse unter anderem in Wirtschaftskommunikation und als Dolmetscher gemacht. Ich habe für das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR und die Internationale Organisation für Migration IOM gearbeitet und die Verständigung etwa zwischen Flüchtlingen und medizinischen Teams sichergestellt. Ich dolmetsche Amharisch ins Englische und umgekehrt. Für den UNHCR übersetze ich häufig Flüchtlinge in Interviews zur Feststellung ihres Flüchtlingsstatus oder wenn sie im Lager Gewalt erfahren haben und Schutz benötigen. Außerdem habe ich als Assistent bei der Erhebung und Analyse von Daten für internationale Studien zur wirtschaftlichen Lage von Flüchtlingen mitgewirkt. 

Autor

Sirak Eshetu

lebt seit 2010 im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia und arbeitet dort als Übersetzer für das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR. Er hat einen Diplomabschluss als Übersetzer und einen Bachelor in Wirtschaftskommunikation.
Ein wichtiger Schritt war für mich, als ich aus 30 Bewerbern als einer von sieben Dolmetschern in Kakuma für ein Diplom-Programm der Universität Genf und der Universität Nairobi ausgewählt wurde. Das Africa Higher Education for Emergency Network, zu dem mehrere afrikanische Universitäten gehören, sponsert das Programm seit 2020. Der Unterricht fand online sowie in Präsenz an der Turkana West University in Kakuma statt. Im Dezember 2023 schloss ich mein Dolmetscherdiplom mit Auszeichnung ab.

Und nun gehöre ich sogar zu den fünf Absolventen, denen im Rahmen desselben Programms ein Master in Dolmetschen angeboten wird. Die Nachfrage in Kakuma nach solchen Möglichkeiten, zu studieren und zu lernen, ist sehr groß, aber die Plätze sind extrem rar. Den Abschluss aus der Ferne von Kakuma aus zu erlangen, ist zudem mit einigen Hürden verbunden: Ich habe nur begrenzt Zugang zu Computern und Headsets und zu zuverlässigem Internet. Aber meine Gemeinschaft im Lager ermutigt mich und bestärkt mich in meiner Entschlossenheit, erfolgreich zu sein. Sie sehen diese Gelegenheit nicht nur als Erfolg für mich, sondern auch als Chance, den Stimmen der Flüchtlinge weltweit Gehör zu verschaffen.

Dieser Master ist mehr als nur ein akademischer Fortschritt. Er ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung und beweist, dass Bildung Barrieren überwindet. Ich möchte diese Qualifikation nutzen, um mich für Flüchtlinge einzusetzen und die globale Debatte über Flucht und Vertreibung voranzubringen.

Sirak Eshetu lebt seit 2010 im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia und arbeitet dort als Übersetzer unter anderem für das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR.

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Flugzeug aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Dies ist keine Paywall.
Aber Geld brauchen wir schon:
Unseren Journalismus, der vernachlässigte Themen und Sichtweisen aus dem globalen Süden aufgreift, gibt es nicht für lau. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung – schon 3 Euro im Monat helfen!
Ja, ich unterstütze die Arbeit von welt-sichten mit einem freiwilligen Beitrag.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!