Besser zuhören!

Was bringt die internationale Entwicklungshilfe? Die Forschergruppe um die US-amerikanische Expertin Mary B. Anderson gibt den Hilfeempfängern das Wort. Die sind sich in ihrem Urteil verblüffend einig.

Mary B. Anderson und ihre Kolleginnen haben mit mehr als 6000 Frauen und Männern aus 20 Ländern über ihre Erfahrungen mit Not- und Entwicklungshilfe gesprochen. Das Spektrum reichte vom Minister über den Aktivisten, Lehrer, Schüler, Unternehmer bis hin zum Fischer. Alle Altersgruppen waren vertreten. Und alle kamen zu einer ähnlichen Bewertung: Internationale Hilfe sei eine gute Sache, sagten sie – insbesondere freuten sie sich darüber, dass Menschen in weit entfernten Ländern an sie denken und sich um sie kümmern.

Gesundheitszentrum ohne Arzt

Doch sie wünschen sich mehr Mitsprache und sind überzeugt davon, dass die Hilfe effizienter wird und vor allem langfristiger wirkt, wenn sie in die Planung und die Verwirklichung der Projekte einbezogen werden. Deutlicher als dieser junge Mann aus dem Kosovo kann man es kaum ausdrücken: „Die Geberorganisation fragte uns nie, was wir wirklich brauchen“, sagte er dem Forscherteam. „Aber unsere Gemeinde wollte das großzügige Angebot nicht zurückweisen, auch wenn wir es jetzt noch nicht nutzen können. Wir hofften einfach, dass eines Tages ein Arzt kommen würde und wir dann das neue Gesundheitszentrum eröffnen könnten.“

Berichte über solche Fehlplanungen sind nicht neu, erhalten aber angesichts der hohen Zahl der Befragten – und ihrer Einigkeit – ein ziemliches Gewicht. Weit verbreitet ist laut der Untersuchung unter den Hilfeempfänger auch die Ansicht, dass die Art, in der Entwicklungshilfe derzeit überwiegend geleistet wird, Abhängigkeit fördert. Die Wissenschaftlerinnen trafen übrigens nur wenige, die mehr Hilfe forderten. Die meisten baten um weniger. Und sie wünschten sich, dass die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen einige Zeit nach dem Ende von Projekten zurückkehren, um die längerfristigen Folgen zu sehen.

„Helfer sind mitverantwortlich“

Anderson und ihre Kolleginnen stellten außerdem große Unterschiede bei Projekten derselben Hilfsorganisation fest – abhängig davon, ob sie mit Spenden oder staatlichen Zuschüssen finanziert waren. Staatliche Geber legen besonders großen Wert auf Rechenschaft und zügige Resultate, die nötige Zeit zum Zuhören bleibt offenbar nicht.

Sean Lowrie vom Konsortium humanitärer Hilfsorganisationen in Großbritannien gab sich gegenüber dem UN-Nachrichtendienst „Irin“ selbstkritisch: Für das derzeitige System seien die Helfer mitverantwortlich. Sie hätten bestimmte Einstellungen gegenüber der Nothilfe, sagte er. „Wir haben das Gefühl, wir müssen uns beeilen, um Leben zu retten. Und das ist ganz bequem, weil es uns erlaubt,  zu arbeiten, ohne die möglicherweise verwirrende und unbequeme Meinung der Hilfeempfänger zu berücksichtigen.“ (gka)

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