Wie Rohstoffe zum Segen werden

Paul Collier
The Plundered Planet
How to Reconcile Prosperity with Nature

Allen Lane, London 2010,
243 Seiten, ca. 23 Euro


Der Entwicklungsökonom Paul Collier beleuchtet in seinem neuesten Werk die Zusammenhänge zwischen Entwicklung und Naturressourcen. Mehr als die Hälfte des Buches ist der Frage gewidmet, wie fossile und mineralische Rohstoffe in den ärmsten Ländern so genutzt werden können, dass die Erlöse der Entwicklung dieser Länder dienen und nicht in den Taschen korrupter Eliten landen. Dies ist seit Jahren ein zentraler Forschungsgegenstand von Collier und seiner Gruppe in Oxford.

Nach Einschätzung von Collier muss jedes Glied in der Nutzungskette funktionieren, damit Rohstoffe zu einem Segen und nicht zu einem Fluch werden. Transparenz der Rohstofferlöse sei wichtig, genüge aber nicht. Collier fordert unter anderem eine wesentlich stärkere Rolle von Staat und Gebern bei der Suche nach Rohstoffen, da viele Vorkommen in den ärmsten Ländern noch gar nicht entdeckt seien. Ein möglichst hoher Anteil der Erlöse müsse in die Staatskasse und in öffentliche Investitionen, vor allem in die Infrastruktur, gelenkt werden. Deren Qualität müsse mit transparenteren Ausschreibungen, verbesserten Planungen und einem besseren Management erhöht werden.

Der zweite Teil des Buchs befasst sich mit dem Management erneuerbarer Naturressourcen am Beispiel der Hochseefischerei und von Umweltbelastungen, vor allem angesichts des Klimawandels. Collier geht davon aus, dass eine Steuer von 40 US-Dollar pro Tonne Kohlenstoff genügt, um die Treibhausgas-Emissionen auf ein verträgliches Maß zu senken. Der Klimawandel lasse sich bei Wachstum und fortschreitender Industrialisierung mit vertretbarem Aufwand begrenzen und bewältigen. Collier folgt hier im Wesentlichen dem britischen Stern-Report. Einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den Grenzen des Wachstums weicht er aus. Kernenergie hält er für ein notwendiges Element im Kampf gegen den Klimawandel. Im Hinblick auf den künftigen Beitrag der USA, Chinas und Indiens ist er optimistisch. Diese Länder seien zu exponiert, um sich weiter zu verweigern. Das eigentliche Problem sieht er in den mittelgroßen aufstrebenden Volkswirtschaften, die notfalls durch Handelsrestriktionen an die Kandare zu nehmen seien.

In einem dritten, sehr kurzen Teil präsentiert Collier seine Thesen zur Welternährung. Sie kann seiner Auffassung nach nur mit einer kommerziellen, großflächigen Landwirtschaft, durch die Gentechnologie und den Verzicht auf Biotreibstoffe gesichert werden. Die Europäische Union (EU) solle ihre restriktive Politik zur Gentechnologie aufgeben und die USA müssten die Subventionen für Biotreibstoffe einstellen. Für Afrika empfiehlt er eine biologische Grüne Revolution.

Collier frönt ausgiebig seinem Hang zur Häresie, kann aber dort, wo er Neuland betritt, nicht immer überzeugen. Interessant ist sein Schlussplädoyer für einen Wandel von unten und bürgerschaftliches Engagement. Die Zivilgesellschaft, an die er appelliert, wird Mühe haben, ihm in allen Punkten zu folgen. Das Buch ist wie immer bei Collier ein Lesegenuss. Der Leser erhält auch dort, wo er sich zum Widerspruch genötigt sieht, wertvolle Einblicke und Anregungen. Auf deutsch soll das Werk Ende Mai erscheinen.


Andreas Proksch und Georg Schäfer

 

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