Aufsätze höchst unterschiedlicher Qualität

Mit dieser Aufsatzsammlung liefern die Herausgeber Impulse für die entwicklungspolitische Debatte. Aber sie lassen es an Systematik und Diskussion fehlen.

In der Einleitung bemühen sich die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, den 15 Beiträgen zur Entwicklungstheorie und -politik einen roten Faden zu geben. Doch im Grunde gelingt das nicht. Die Publikation, entstanden nach einer Tagung, bleibt ein Sammelband mit Aufsätzen unterschiedlicher Qualität und mit disparaten Ansätzen. Die im Titel angedeutete Diskussion über den Zusammenhang von Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik findet kaum statt. Es ist auch fraglich, inwieweit er existiert: Sicherlich ist die Entwicklungspolitik, zum Beispiel die Entwicklungszusammenarbeit, von theoretischen Annahmen geprägt, vor allem von einer Mischung aus modernisierungstheoretischen Ansätzen und Ideen von Global Governance. Aber die Praxis ist dann doch eher das Ergebnis handfester innen-, wirtschafts- oder außenpolitischer Interessen.

Gleichwohl liefern einzelne Beiträge des Bandes Impulse für die entwicklungspolitische Debatte. Vier Beiträge, denen es gelingt, Theorie und Empirie zusammenzudenken, beschäftigen sich mit der rohstoffbasierten Entwicklungsstrategie, die Länder wie Indonesien oder Angola in den vergangenen zwei Jahrzehnten verfolgt bzw. intensiviert haben. Eingeleitet von einem ausgezeichneten theorieorientieren Beitrag von Kristina Dietz diskutieren drei weitere Aufsätze entsprechende Erfahrungen in Asien, Lateinamerika und Afrika. Die Texte machen deutlich, dass die im Buchtitel genannte Reihenfolge oft umgekehrt ist: Die Entwicklungstheorie ist selten „Vordenkerin“. Im guten Falle gelingt es ihr, reale Phänomene einer kritischen Analyse zu unterziehen und damit die Praxis der Entwicklungspolitik zu erklären.

Unter den anderen Aufsätzen befinden sich für die Thematik völlig überflüssige Texte wie die ausführliche Würdigung eines verdienten Akademieleiters und ein Artikel der früheren Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul mit alten Thesen. Es gibt aber auch spannende Beiträge. Hervorzuheben ist der ausgezeichnete Aufsatz von Alexandra Bechtum und Bernd Overwien über mögliche Impulse der postkolonialen Theorien für die politische Bildungsarbeit. Ausgehend von einer verständlichen und kritischen Aufbereitung postkolonialer Theorien gelingt es, diese auf aktuelle politische Debatten zum globalen Lernen zu beziehen. Lesenswert!

Ein wenig ermüdend ist die in Einleitung und Schlussteil ausgebreitete These, Entwicklungstheorie werde zu eurozentrisch gedacht. Da stellt sich dann natürlich die Frage, warum der Band 21 Autorinnen und Autoren vereint, die ausnahmslos dem europäischen Kulturraum entstammen

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