Soft Power in Südostasien

Angesichts des rasanten wirtschaftlichen Aufstiegs der Volksrepublik China setzt sich der Sammelband mit dem machtpolitischen Fußabdruck chinesischer Wirtschafts-, Entwicklungs- und Kulturpolitik in Südostasien auseinander.

Das von der Historikerin Maria Diokno von der University of the Philippines, dem Soziologen Hsin-Huang Michael Hsiao von der National Taiwan University und dem Politologen Alan Hao Yan von der National Chengchi University in Taiwan herausgegebene Buch beruht auf einem von der japanischen Regierung geförderten Forschungsprojekt. Besonders aufschlussreich ist das zweite Kapitel, in dem Teng-Chi Chang den Diskurs innerhalb der chinesischen Führungselite über den außenpolitischen Kurs Chinas beschreibt. Lange Zeit verfolgte die chinesische Führung die Strategie, das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen und geduldig abzuwarten. Diese Devise geht auf Deng Xiaoping zurück, der als Parteichef ab 1979 China weg vom Maoismus hin zur wirtschaftlichen Liberalisierung geführt hat. Mit dem Machtantritt von Xi Jinping im Jahr 2012 begann China aber, seine Macht offener und direkter einzusetzen, beispielsweise beim Ausbau seines Militärs und wenn es seine Territorialansprüche im Südchinesischen Meer aggressiv durchsetzt. Der von der Regierung Xi vertretene chinesische Nationalismus gerät dabei in Widerspruch sowohl zur traditionellen kommunistischen Ideologie des Klassenkampfs als auch zu den propagierten „harmonischen Beziehungen“ mit den Nachbarn.

In dem Sammelband werden die dokumentierten „Fußabdrücke“ Chinas als Ausdruck von chinesischer „weicher Macht“ (Soft Power) interpretiert. Diesen Begriff hat in den 1990er Jahren der US-Politikwissenschaftler Joseph Nye in die Debatte über die internationalen Beziehungen eingeführt; er bezeichnet die Fähigkeit eines Staates, seine Ziele nicht mit offenem Zwang oder militärischer Gewalt, sondern mit Überzeugungskraft und der Verbreitung der eigenen, als universell dargestellten Werte durchzusetzen. Besorgt fragen die Autorinnen und Autoren des Sammelbandes, ob die langjährige Phase der chinesischen Soft Power nun durch eine harte und aggressive Interessenpolitik abgelöst werden könnte.

In den sehr unterschiedlichen Einzelbeiträgen geht es um die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen China und Südostasien, um die „Neue Seidenstraße“-Initiative, um staatliche Entwicklungszusammenarbeit Chinas mit der Region und um auswärtige Kulturpolitik in Verbindung mit der Gründung neuer Konfuzius-Institute. Da die Länderbeispiele auf Myanmar, Malaysia, Indonesien und die Philippinen begrenzt sind, kommen die teilweise tiefen Meinungsunterscheide innerhalb der gesamten Gemeinschaft südostasiatischer Staaten (ASEAN) über das Verhältnis zu China, beispielsweise in Bezug auf die Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer, allerdings kaum zum Vorschein.

Das Buch enthält eine Fülle interessanter, wenn auch inzwischen teilweise veralteter Informationen und Fallbeispiele. Die Beiträge sind aber einseitig auf die Kritik an der chinesischen Machtpolitik fixiert. Die Machtpolitik südostasiatischer Staaten und der anderen Großmächte gerät dabei genauso aus dem Blick wie die Bedeutung internationaler Regime, etwa der Welthandelsorganisation, sowie transnationaler Unternehmen.

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