Die Autoren des Buches "All In" plädieren für Klimaschutz durch Technik: Fossile Energie müsse vor allem im globalen Süden weiter genutzt werden, aber die Emissionen könne man vermeiden. Dafür entwickeln sie das Modell einer globalen ökologisch-sozialen Marktwirtschaft.
Zur ersten UN-Umweltkonferenz 1972 betonte die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi, Umwelt- und Klimaschutz könnten nur gelingen, wenn das Wohl der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern mitgedacht würde. Daran erinnern der Wirtschaftswissenschaftler Franz Josef Radermacher, der auch Club-of-Rome-Mitglied ist, und der Publizist Bert Beyers, wenn sie die Vision einer CO2-neutralen Gesellschaft kritisieren, die ihren Energiebedarf weltweit aus regenerativ erzeugter Elektrizität deckt.
Ihr Buch basiert auf zwei Forschungsprojekten zum Umbau des Energiesystems. Im ersten Teil „Natur und Technik“ geht es um den Kohlenstoffkreislauf des Planeten, der wieder stabilisiert werden müsse. Da die Natur eine „bedeutsame CO2-Senke“ sei, gelte es Regenwälder zu schützen, abgeholzte Wälder aufzuforsten und ausgelaugte Böden mit aus zersetztem Altholz hergestellter Biokohle wieder fruchtbar zu machen.
Technische Lösungen und finanzielle Anreize
Darüber hinaus halten es die Autoren aber für unerlässlich, technische Lösungen zur Minderung der Klimagase zu entwickeln. Sie setzen auf Carbon Capture und Storage (CCS), also Systeme zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CO2). Statt aus fossilen Energien auszusteigen, solle man durch die Verpressung oder Wiedernutzung der Kohlenstoffgase lediglich aus fossilen Emissionen aussteigen. Die Autoren plädieren demnach für ein Energiesystem, das nicht nur Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser bezieht, sondern weiterhin auch fossile Energieträger nutzt, deren Emissionen dann mit CCS neutralisiert würden.
Das sei im wirtschaftlichen Interesse von OPEC-Ländern, China und Russland, und erleichtere den „Wohlstandsaufbau“ in Entwicklungs- und Schwellenländern. In einer globalen sozial-ökologischen Marktwirtschaft biete überdies der Handel mit Emissionszertifikaten, den die Autoren weiterentwickeln möchten, einen weiteren finanziellen Anreiz zum Klimaschutz.
Das Buch ist flüssig geschrieben und regt zur Auseinandersetzung mit marktliberalen Positionen in der Klimaschutzdebatte an. Kritisch zu prüfen ist dabei die modernisierungstheoretische Prämisse, dass für die Länder des globalen Südens Wohlstand mit wirtschaftlicher Entwicklung nach westlichem Vorbild gleichzusetzen sei.
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