Die Regime am Persischen Golf

F. Gregory Gause, III 
The International Relations of the Persian Gulf 
Cambridge University Press, Cambridge 2009,
170 Seiten, ca. 20 Euro

Drei große internationale Kriege sind seit 1980 am Persischen Golf geführt worden. Um die Sicherheitsprobleme am Golf zu verstehen, begreift Gregory Gause die Region als „regionalen Sicherheitskomplex“: Saudi-Arabien, die Golf­emirate sowie der Iran und der Irak definieren ihre Sicherheit vor allem mit Bezug aufeinander, und einige suchen den Schutz der USA, die Teil dieses regionalen Systems sind.

Der Ölreichtum begründet die weltpolitische Bedeutung der Region, macht die Kontrolle über Territorien dort wertvoll und verschafft den Staaten die Mittel, Krieg zu führen. Doch das allein erklärt laut Gause keinen der Kriege. Hinzu kommen „transnationale Identitäten“: Ethnische oder religiöse Gruppen wie Kurden, Belutschen und Schiiten leben in mehreren Staaten, und die Herrscher des einen können sie zur Destabilisierung des anderen mobilisieren. Solche Gruppen können sich aber auch der Kontrolle ihrer Patrone entziehen, wie Gause am Bespiel von Al-Qaida sehr schön zeigt.

Das dritte Kennzeichen des regionalen Sicherheitssystems ist die Einwirkung der USA. Zunächst von der Sorge ums Öl motiviert, traten bald geopolitische Ziele in den Vordergrund: die Eindämmung der Sowjetunion und seit der iranischen Revolution 1979 die Stabilisierung der politischen Ordnung angesichts der Konflikte am Golf. Militärisch haben sich die USA immer stärker engagiert – auch auf Einladung eines Teils der Golfstaaten. Entscheidend für deren Politik war ihr Bestreben, das eigene Regime gegen von den Nachbarn ausgehende und meist überschätzte Bedrohungen zu sichern. Dies war laut Gause der wichtigste Faktor der Kriege am Golf.

Der Entscheidung der US-Regierung, den Irak anzugreifen, widmet er ein eigenes Kapitel. Sie markiert für ihn eine Kehrtwende: Bis dahin suchten die USA die bestehende Ordnung zu stützen; nun wollten sie eins der Regime stürzen und eine Demokratisierung in der ganzen Region auslösen. Die Terroranschläge in New York waren die Ursache dieses Strategiewechsels, zeigt Gause. Er lässt keinen Zweifel daran, dass der Angriff dilettantisch und verhängnisvoll war. Seitdem fällt der Irak als Machtfaktor aus und es gibt nur noch zwei Vormächte am Golf: den Iran und Saudi-Arabien. Ihre Rivalität wird für Gause neben der Frage, ob der Irak als Staat stabilisiert werden kann und die USA wieder zu einer Status-Quo-Politik zurückkehren, über die Zukunft der Sicherheitsarchitektur in der Region entscheiden.

Das Buch beschränkt sich auf Fragen der Sicherheitspolitik. Gause rückt dabei die Kalküle der Regime am Golf in den Blick und schildert verwickelte Prozesse sehr differenziert. Das ist überzeugend und macht das Buch auch zu einer guten Einführung in die politische Geschichte der Region. (bl)

 

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