Mehr Erfolg mit Gütekraft

Martin Arnold
Gütekraft. Ein Wirkungsmodell aktiver Gewaltfreiheit nach Hildegard Goss-Mayr, Mohandas K. Gandhi und Bart de Ligt
Nomos-Verlag, Baden-Baden 2011, 284 Seiten, 19 Euro, www.martin-arnold.eu 

Manila, 23. Februar 1986. Panzer sind auf dem Weg in die Hauptstadt der Philippinen. Im Militärcamp Aguinaldo haben sich der Verteidigungsminister und der Generalstabschef der Armee mit 350 Soldaten verschanzt. Sie erkennen Corazon Aquino als Wahlsiegerin an und gehorchen dem Diktator Ferdinand Marcos nicht mehr. Die Soldaten in den Panzern haben den Befehl zum Angriff auf die Meuterer. Doch hunderttausende Menschen stehen auf den Zufahrtsstraßen zum Militärcamp. Sie weichen nicht zurück, als die Panzer auf sie zurollen. Sie beten und singen, werfen den Soldaten Blumen und Zigaretten zu und bitten um Solidarität. Schließlich steigen die Soldaten aus und nehmen ihre Helme ab.


Wodurch führt friedlicher Widerstand zum Erfolg? Was macht die Wirkung gewaltfreien Vorgehens aus? Und welche Rolle spielen dabei religiöse, kulturelle und ideologische Hintergründe? Diesen Fragen geht der Essener Friedensforscher Martin Arnold in einer Studie zum Thema Gütekraft nach. Seine Ergebnisse sind nicht nur für Widerstandsbewegungen in Diktaturen wichtig, sondern für alle, die im Einsatz gegen Missstände nach friedlichen Wegen und konstruktiven Alternativen suchen, sei es im Umweltschutz, bei der Gleichberechtigung von Frauen, in der Friedensbewegung oder im Ringen um ein besseres Wirtschaftssystem.

Für seine Studie hat Arnold drei Konzepte gewaltfreien Handelns miteinander verglichen: das der österreichischen Christin Hildegard Goss-Mayr, des Hindus Mohandas K. Gandhi und des holländischen Freidenkers Bart de Ligt. Der Vergleich zeigt so viele Gemeinsamkeiten, dass man von einem zugrundeliegenden Wirkungsmodell der Gütekraft sprechen kann, unabhängig vom religiösen oder weltanschaulichen Hintergrund.

Gütekraft ist mehr als der Verzicht auf Gewalt. „Es geht um eine Haltung und nicht nur um die Anwendung von Methoden“, sagt Hildegard Goss-Mayr, auf deren Konzepten das Vorgehen der People-Power-Bewegung auf den Philippinen basierte. Dazu gehört, allen Menschen gerechtes Handeln zuzutrauen und sie in ihrem Gewissen anzusprechen. Es zählt die Entschlossenheit dazu, immer wieder den Dialog mit denen zu suchen, die den Missstand stützen, und schlimmstenfalls Schläge hinzunehmen, ohne sie zu vergelten. Und man muss bereit sein, die eigene Mitverantwortung für einen Missstand zu erkennen. Das bedeutet auch: selbst den ersten Schritt tun, um die Situation zu verbessern. „Wer sich ernsthaft nach den eigenen Anteilen an einem Missstand fragt und mit Wohlwollen und Gerechtigkeitssinn bei ihrem Abbau vorangeht, hat große Chancen, andere anzustecken und für sein Anliegen zu gewinnen“, sagt Arnold. Eine gütekräftige Haltung zu entwickeln sei daher ebenso wichtig wie die Fähigkeit, die jeweils passenden Methoden gewaltfreien Widerstands zu finden und anzuwenden.

Auf den Philippinen hatten tausende Menschen monatelang gewaltfrei-gütekräftiges Vorgehen geübt und gelernt, auch ihre Gegner wohlwollend als mögliche Verbündete gegen die Diktatur anzusprechen. Kurz nach den Massendemonstrationen verließ der Diktator das Land und Corazon Aquino wurde neue Präsidentin. Wer nachhaltige Veränderungen bewirken will, braucht einen langen Atem. Und Kenntnisse über erfolgversprechende Wege. Die Bücher von Martin Arnold helfen dabei: Mit Gütekraft erreicht man mehr. (Mirjam Mahler)

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