Lob für eine kommende Weltmacht

Alexander Busch
Wirtschaftsmacht Brasilien
Carl Hanser Verlag, München 2011,
352 Seiten, 24,90 Euro


Alexander Busch arbeitet seit fast 20 Jahren in Sao Paulo und Salvador/Bahia als Lateinamerika-Korrespondent der Wirtschaftswoche und des Handelsblatts. Nun hat er seine Erfahrungen und Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst. Es richtet sich primär an Geschäftsreisende und Investoren, denen er Brasilien näher bringen möchte. Überall scheint durch: Busch liebt das Land und er bewundert die Fortschritte, die es in den vergangenen 20 Jahren gemacht hat. Besonders haben es ihm die brasilianischen Spitzenunternehmen und deren Manager angetan. Aber auch die Präsidentin Dilma Rousseff und vor allem ihren Amtsvorgänger Lula hält er für Glücksfälle in der brasilianischen Geschichte.

In elf locker geschriebenen Kapiteln schildert Busch die Veränderungen in seiner Wahlheimat. Dazu zählt, dass die Inflation beseitigt werden konnte, das frühere Armenhaus Nordost-Brasilien zu einer neuen Wachstumsregion geworden ist, der Dienstleistungssektor erheblich an Bedeutung gewonnen hat und das Land in relativ kurzer Zeit vom Schuldner zum Gläubiger geworden ist – und zum umworbenen Partner der Mächtigen dieser Welt. Den Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg erkennt er zum einen in den Potenzialen des Landes – vom großen Binnenmarkt angefangen bis zu den unendlich erscheinenden natürlichen Ressourcen – zum andern in der bereits länger anhaltenden Stabilität und Kontinuität der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Geholfen habe eine auch für Brasilien sehr günstige globale Konjunktur mit einer hohen Nachfrage nach Rohstoff en (besonders von China).

Brasilien habe das Zeug, meint Busch, in wenigen Jahren zur wirklichen Welt-Großmacht aufzusteigen. Auf dem „grünen Sektor“ – etwa bei Ethanol, Soja, Zucker, Kaffee, Fleisch, Geflügel – sieht der Autor Brasilien heute schon als Weltmacht und als „Ernährer der Welt“. Er bemerkt ein wachsendes Umweltbewusstsein in der brasilianischen Gesellschaft, selbst bei den großen Agrarunternehmen. Sie hätten begriff en, dass die Vernichtung von Regenwald und der Klimawandel ihr Geschäft bedrohen werden. Kritik äußert Busch vor allem an den für Investoren weiter schwierigen Rahmenbedingungen wie Kriminalität, schwerfällige Bürokratie, prekäre Infrastruktur, Mängel im Bildungs- und Gesundheitssystem. Auch die extremen Einkommensunterschiede übersieht er nicht, obgleich er Lulas Sozialpolitik als „Entschärfung der sozialen Bombe“ wertet. In der brasilianischen Form der Demokratie – alles wird ausgehandelt – sieht Busch einen wichtigen Standortvorteil etwa gegenüber dem autoritären China.

Als Korrespondent wirtschaftsnaher Publikationen hat der Autor Zugang zur ökonomischen und politischen Elite Brasiliens und zu multinationalen Unternehmen. Er erhält damit Einblicke in Bereiche, die den Anhängern einer Brasilien-Solidariätsbewegung verschlossen bleiben. Busch beobachtet sorgfältig und genau, eine tiefer gehende Analyse legt er allerdings nicht vor. Auch wäre an der einen oder anderen Stelle eine kritischere Auseinandersetzung mit der brasilianischen Wirtschaftspolitik und dem Verhalten nationaler und multinationaler Konzerne angebracht gewesen. Der fast 50-jährigen deutsch-brasilianischen Entwicklungszusammenarbeit widmet Busch im Übrigen ganze anderthalb Seiten. Auf der Basis einiger Interviews kommt er zu dem Schluss, sie sei mit ihrem Amazonas-Engagement „grandios“ gescheitert. Eine umfassendere und differenzierte Erörterung wäre der deutschen Entwicklungszusammenarbeit hier sicher gerechter geworden.

Das Buch schließt mit Übersichtsdaten zu Brasilien, einem „A bis Z der brasilianischen Börse“, einem Knigge für Geschäftsreisende, nützlichen Websites und einer Literaturliste.


Werner Würtele

 

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