Ungleiche Machtverhältnisse

Susan Zimmermann
GrenzÜberschreitungen.
Internationale Netzwerke, Organisationen, Bewegungen und die Politik der globalen Ungleichheit vom 17. bis zum 21. Jahrhundert

Mandelbaum Verlag, Wien 2010,
272 Seiten, 24,90 Euro


Die Internationalisierung von Netzwerken und sozialen Bewegungen ist ein Trend in Politik und Gesellschaft. Ob im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen, gegen Korruption oder für faire Arbeitsbedingungen – jeder Bereich verfügt über eine eigene internationale Organisation. In der Politikwissenschaft wird seit geraumer Zeit über die Rolle von internationalen Institutionen geforscht. Dabei geht es häufig um die Frage, was Staaten bewegt, Souveränität an eine höhere Instanz abzugeben und wie internationale Abkommen entstehen.

Die Historikerin Susan Zimmermann geht weiter und fragt nach der Grundlage, auf der internationale Organisationen handeln. Das Verhältnis von internationaler Reformpolitik und internationalen Machtbeziehungen ist ihrer Ansicht nach widersprüchlich. So gehe es etwa den Vereinten Nationen um die Überwindung von globaler Ungleichheit, doch zugleich bauten Organisationen wie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) selbst auf ungleichen Machtverhältnissen auf. Die Dominanz westlicher Staaten, nicht zuletzt der USA und Westeuropas, bleibe immer erkennbar, stellt die Autorin fest.

Zimmermann untersucht an sechs Beispielen die inneren Machtstrukturen grenzüberschreitender und reformorientierter Organisationen, Netzwerke und Bewegungen, zusammengefasst unter dem Begriff „Internationalismen“, sowie deren Umgang mit globalen Ungleichgewichten. Darunter versteht sie ungleiche Machtbeziehungen zwischen den Staaten, grenzüberschreitende ungleiche Austauschbeziehungen und Ressourcenverteilung sowie die globale und örtliche Benachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen.

Zimmermann betrachtet unter anderem die internationale Antisklavereipolitik, die christliche Mission, die ILO und die sozialistische Fraueninternationale. Sie kommt zu dem Schluss, dass nur letztere überhaupt eine politische Stellungnahme zu Ungleichheiten im internationalen System formuliert. Nur die internationale Frauenbewegung (IWSA) und die ILO beteiligen Vertreterinnen und Vertreter ausgegrenzter Gruppen. Bei allen anderen stellt die Autorin eine klare Trennung fest zwischen „global einflussreichen Akteuren“ und „machtlosen Zielgruppen“, denen die Reformtätigkeit gelten soll. Gesellschaftliche und kulturelle Überlegenheit werde nicht in Frage gestellt, historische Ursachen für Ungleichheit würden nicht analysiert. Viele Reformanliegen trügen deshalb imperialistische Züge – und lieferten somit Gegnern einfache Argumente.

Zimmermann hinterfragt Machtstrukturen im internationalen System – ein Kerngedanke, mit dem sich jede internationale Vereinigung auseinander setzen muss. Leider bleibt sie dabei sprachlich und inhaltlich auf einer sehr abstrakten und akademischen Ebene.


Saara Wendisch

 

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