Fairtrade durchleuchtet

 

Peripherie Heft 128
Fair Trade – Eine bessere Welt 
ist käuflich
Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2012, 160 Seiten, 12 Euro

Über den Nutzen des fairen Handels für die Produzentinnen und Produzenten im Süden wird gegenwärtig viel debattiert. Die „Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt“ hinterfragt in mehreren Beiträgen, ob das Konzept ein theoretisch und politisch komplexes Problem nicht allzu sehr vereinfacht. Hanns Wienold geht Fairness und Gerechtigkeit in den von Fairtrade hergestellten Tauschbeziehungen nach. Der faire Handel erscheint in dieser Perspektive als ein Versuch neben anderen, die prekäre Lage von Kleinbauern auf dem Niveau eines „Auskommens“ und damit ihre Außenseiterposition in der Weltwirtschaft zu festigen.


Sebastian Nessel kommt dagegen am Beispiel einer der ältesten, größten und erfolgreichsten Kaffee-Kooperativen Mexikos (UCIRI) zu dem Schluss, dass Fairtrade einen Beitrag zu einer nachhaltigen bäuerlichen Entwicklung leisten kann. Die Gruppe der kleinbäuerlichen Produzenten im globalen Süden, mit denen sich die Verbraucher im Norden durch den Kauf fair gehandelter Produkte solidarisieren sollen, ist genauso wenig homogen wie die Eine-Welt-Bewegung. Maria Tech untersucht die Frage, wem genau diese Solidarität etwa bei der Produktion von fair gehandeltem, biologisch angebautem Rooibos-Tee in der südafrikanischen Kap-Region eigentlich gilt.

Weitere Beiträge hinterfragen die Werbebilder und Verpackungen der breitenwirksam vermarkteten Fair-Trade-Produkte, die angeblich ohne die Hilfe aus dem fairen Handel nicht auskommen können. Eine Mischung aus Exotismus und Mitleid gehöre oft zur Vermarktungsstrategie und bediene die alten Hierarchien in den Köpfen weißer Konsumenten, kritisieren die Autoren. Und so entkämen die Hochglanzbilder nicht den vorgefassten Mustern von Rassismus und kolonialem Denken – das stehe im Gegensatz zu dem Anspruch, im Rahmen des fairen Handels partnerschaftliche und hierarchiefreie Beziehungen herzustellen.

Ferner verweisen die Autoren auf einen Kernwiderspruch, der auch für Fairtrade gilt: Gibt es ein richtiges Leben im falschen? Kann fairer Handel aufwiegen, was durch globale Handelsbeziehungen, ungleiche Produktions- und Tauschbestimmungen, die Macht einzelner Konzerne und der US- und EU-Agrarsubventionen angerichtet wird? Christian Ulbricht analysiert in seinen Beitrag am Beispiel des Sportartikelherstellers Nike, inwiefern kritische Verbraucher das Handeln multinationaler Konzerne beeinflussen können. Insgesamt bietet das Heft eine äußerst anregende Diskussion, die für alle, die sich mit dem fairen Handel befassen, von Interesse ist. (Dieter Hampel)
 

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