Spielball Entwicklungsfonds

Seit Jahrzehnten bemühen sich die Kommission und das Parlament der Europäischen Union (EU), den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in den ordentlichen Haushalt der EU einzugliedern. Sie treffen damit stets auf den Widerstand der Mitgliedsstaaten. Nun lässt ein Vorstoß aus London aufhorchen.

Die Regierungen der EU-Länder hielten bisher eisern daran fest, dass der Entwicklungsfonds EEF eine zwischenstaatliche Einrichtung ist und kein Teil des EUHaushalts. Er ist zwar mit einem Protokoll angebunden an den Cotonou-Vertrag der EU mit den afrikanischen, karibischen und pazifischen Ländern (AKP), die Hilfen aus dem Fonds erhalten, hat aber einen eigenen Leitungsausschuss. Die Kommission ist mit der Verwaltung und dem Betrieb des EEF beauftragt und erhält dafür fünf Prozent seines Budgets. Bei der Vorlage für den Mehrjahres-Finanzplan der EU 2014 bis 2020 im vergangenen September hat die Kommission erneut resigniert und den EEF im außerordentlichen Haushalt belassen. Zugleich forderte sie seine Eingliederung in den EU-Haushalt spätestens ab 2020, wenn der Cotonou-Vertrag ausläuft. Die EURegierungen haben sich bisher gegen eine Vergemeinschaftung des EEF gesperrt, weil das ihren Einfluss schmälern würde. Die Kommission und vor allem das Parlament hingegen würden an Einfluss gewinnen.

Der ständige Ausschuss der Regierungsvertreter, der die Vorlagen für den Ministerrat vorbereitet, hat den Finanzplan und die Zuordnung des EEF Anfang November 2011 besprochen. Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Regierungen der EU-Länder am gegenwärtigen Zustand etwas ändern wollten. Die Überraschung war deshalb groß, als Anfang März der britische Entwicklungs-Staatsekretär vor einem vertraulichen Ausschuss des Unterhauses verkündete, seine Regierung wolle nun doch die „Budgetisierung“des EEF schon ab 2014 erreichen. Aus dem britischen Entwicklungsinstitut ODI kam der Hinweis,„inoffiziell“ hätten auch Deutschland, die Niederlande, Schweden „und andere“ die gleiche Absicht.

Bislang hat das EU-Parlament keinen Einfluss auf den EEF

Es wäre in der Tat sinnvoll, die parallel laufende Verwaltung von Entwicklungshilfemitteln aus dem EU-Haushalt und dem EEF zu beenden und die EEF-Planung für das Parlament transparent zu machen – letzteres befand sich bisher in der misslichen Lage, den EEF-Haushalt ohne wirkliche Einsicht immer im Nachhinein gutheißen zu müssen. Mit dem EEF als Teil des EU-Haushalts erhielten die Abgeordneten Mitsprache bei der Finanzplanung und könnten von der Kommission wirksam Rechenschaft verlangen.

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Entwicklungspolitische Netzwerke wie EUROSTEP und Wissenschaftler des Deutschen Institutes für Entwicklungspolitik (DIE) und von ODI sehen aber zugleich eine bisher einzigartige Qualität des EEF in Gefahr. Sie ergibt sich aus seiner Anbindung an den Cotonou-Vertrag, der AKP- und EULänder zumindest theoretisch als gleichwertige Partner verbindet. Mit einer Eingliederung in den EU-Haushalt geriete der EEF in die Geber-Rolle, bei der einzig die EUSeite bestimmend ist. Darüber hinaus sieht das DIE weitere Schwierigkeiten: Die „Peace Facility“der Afrikanischen Union, die afrikanische Friedenseinsätze finanziert wie im Sudan und in Somalia, erhält ihr Geld wesentlich aus dem EEF – gegründet auf den Vertrag zwischen den EU-Ländern und den der AU angehörenden AKP-Ländern. Die EU selbst darf laut Lissabon-Vertrag aber keine militärischen Ausgaben tätigen. Es dürfte laut DIE nach einer Budgetisierung des EEF nicht einfach sein, eine dem EU-Vertrag entsprechende Lösung zu finden, wie die EU etwa den Einsatz der AUTruppen in Somalia unterstützen kann.

Und es stellen sich weitere Fragen, die mit den Aufgaben des Fonds wenig zu tun haben. Infolge von Finanzkrise und Einsparbemühungen liegt für Simon Maxwell vom ODI die Vermutung nahe, dass einige EU-Länder ihre Beiträge zum EEF nur zu gern auf den EU-Haushalt abwälzen würden. Diese Beiträge werden derzeit direkt aus den staatlichen Haushalten gezahlt und nach einem eigenen Verteil-Schlüssel berechnet. Würde der Schlüssel für die EU-Beiträge verwendet, der sich hauptsächlich nach dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) richtet, dann müssten manche EU-Länder mehr zahlen, andere weniger. Zugleich zeichnet sich im Ministerrat sehr deutlich die Absicht ab, den Umfang des EU-Haushalts ab 2014 auf dem schon festgelegten Niveau für 2013 einzufrieren. Damit würde der EEF im Hauen und Stechen um den Finanzrahmen ab 2014 zum Spielball werden – oder die Befürworter einer Budgetisierung des EEF könnten diese als Verhandlungsmasse nutzen und zum Ausgleich für andere Konzessionen, beispielsweise bei EU-Agrarsubventionen, wieder fallen lassen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2012: Digitale Medien: Das Versprechen der Technik
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