Friedensexperten schlagen Alarm: Der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan 2014 droht, die Lage für Frauen zu verschlechtern. Erste Anzeichen gibt es bereits.
Die Experten der „International Crisis Group“ sehen in einem neuen Bericht die seit der US-geführten Intervention 2001 hart erkämpften politischen, sozialen und wirtschaftlichen Errungenschaften für Frauen in Gefahr. Sie könnten in den Friedensverhandlungen mit den Taliban abgeschwächt oder aufgegeben werden.
In der jüngsten Neufassung des Wahlgesetzes sei ferner die Frauenquote in den Provinzräten von bislang einem Viertel auf ein Fünftel gesenkt worden. In Afghanistan wird im April 2014 ein neuer Präsident als Nachfolger von Hamid Karsai gewählt, ferner finden Wahlen auf Provinzebene statt.
Frauen hätten seit der Vertreibung der islamistischen Taliban eine große Rolle beim Aufbau des Staates und seiner Institutionen gespielt, heißt es in dem Bericht. Mehr als ein Viertel der Abgeordneten sei weiblich, Mädchen stellten 40 Prozent der Schulkinder. Frauen arbeiteten nun als Anwältinnen, Unternehmerinnen, Journalistinnen und Aktivistinnen.
Auch ihr rechtlicher Status habe sich stark verbessert. Die Gleichberechtigung sei in der afghanischen Verfassung verankert und erstmals werde Vergewaltigung nach dem Gesetz zur Ausrottung der Gewalt gegen Frauen als Verbrechen betrachtet.
Dennoch kümmere sich die Polizei zu wenig darum, Frauen vor Gewalt zu schützen. Lediglich ein Prozent der afghanischen Polizisten sei weiblich; und die Polizistinnen würden ausgegrenzt und seien kaum in der Lage, effektiv gegen Gewalt gegen Frauen vorzugehen. Die wenigsten Fälle gelangten vor ein offizielles Gericht, die meisten würden auf Versammlungen von örtlichen Führern entschieden.
Seit die Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung Mitte 2013 an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurde, würden Frauen zunehmend von Aufständischen bedroht, kritisieren die Experten der Crisis Group. Frauen hätten zudem keinerlei Einfluss auf die Friedensverhandlungen mit den Taliban. Es sei zu befürchten, dass die afghanischen Regierung in Versuchung gerate, Fortschritte bei den Frauenrechten rückgängig zumachen, um konservative Strippenzieher in und außerhalb des bewaffneten Aufstandes zu beschwichtigen. (gka)
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