Zentralafrika: Vereinte Nationen setzen auf Europa

Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen platzte am zweiten Tag des Gipfeltreffens von Europäischer und Afrikanischer Union Anfang April dann doch eine Bombe: Die Regierung des Tschad teilte öffentlich mit, sie werde ihr Kontingent von 826 Soldaten aus der afrikanischen Militärmission für die Zentralafrikanische Republik abziehen.

Die Regierung begründete ihren Rückzug mit einer „böswilligen Kampagne“, die dem Tschad „alle Übel anhängen will, unter denen die Zentralafrikanische Republik leidet“. Die Vereinten Nationen sowie Afrikanische und Europäische Union waren zwar schon vorher informiert worden, doch sollte die Angelegenheit auf dem Gipfel in Brüssel eigentlich unter der Decke gehalten werden, um nicht den schönen Schein allseitiger Einigkeit zu stören.

Das Chaos in der Zentralafrikanischen Republik war für die meisten Gipfelteilnehmer das eigentliche Thema, freilich nicht offiziell: In der Abschlusserklärung ist nur allgemein von „Kapazitätsbildung“ und Zusammenarbeit zur „Sicherheit“ die Rede.

Laut Menschenrechtsgruppen und internationalen Medien hatten Soldaten des Tschad als Teil der afrikanischen Friedenstruppe MISCA schon länger Jagd auf Zivilisten in der Zentralafrikanischen Republik gemacht, offenbar unter anderem auch auf Flüchtlinge aus dem Tschad. Nach einem Zwischenfall mit 30 Toten in Bangui am 29. März forderte die zentralafrikanische Übergangsregierung eine Untersuchung, ob MISCA-Truppen das Kriegsrecht und Menschenrechte verletzen.

Die Querelen um die Soldaten aus dem Tschad drohen den Einsatz der MISCA weiter zu schwächen. Diese Truppe, an der sich sieben afrikanische Länder mit mehr als 6000 Soldaten beteiligen, hat es nicht einmal geschafft, in der Hauptstadt Bangui alle marodierenden Milizen zu entwaffnen.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon appellierte deshalb Ende März an die EU, ihre Zusage vom Januar einzulösen und die von Frankreich im Dezember 2013 in die Zentralafrikanische Republik entsandte Militärmission zu verstärken und die MISCA stärker finanziell zu unterstützen.

Diese „dringende“ Aufforderung wiederholte er anlässlich der Eröffnung des EU-Afrika-Gipfels: Europa müsse mindestens 10.000 Soldaten und 1800 Polizisten bereitstellen. Die UN-Mission für Zentralafrika, für die der UN-Sicherheitsrat eine Woche nach dem Gipfel grünes Licht gab, werde kaum vor September vor Ort sein können, und Verstärkung sei „jetzt und sofort nötig“.

Am Abend vor Beginn des Gipfels hatten sich die Außenminister in Grundzügen über die Zusammensetzung einer EU-Mission geeinigt. Dreizehn Länder wollen daran teilnehmen, offen ist noch, wer wie viele Soldaten beisteuert und wann sie entsandt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte indes klar, der deutsche Beitrag bleibe auf technische und medizinische Hilfe sowie Logistik beschränkt.

Heimo Claasen

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erschienen in Ausgabe 5 / 2014: Durchlass hier, Mauer dort
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