Kampf gegen Konfliktdiamanten

Kimberley-Prozess
Die Bilanz des sogenannten Kimberley-Prozesses ist durchwachsen. Nun hat die Europäische Union den Vorsitz übernommen, doch ihre Agenda ist vage. Aus der Diamantenindustrie und der Zivilgesellschaft kommen hingegen konkrete Reformvorschläge.

„Konfliktdiamanten“ sind laut der Definition des Kimberley-Prozesses „Rohdiamanten, die von Rebellenbewegungen oder ihren Verbündeten für die Finanzierung von Konflikten genutzt werden, die legitime Regierungen untergraben sollen“. Vor Augen hatten die Mütter und Väter des Prozesses Bürgerkriege wie in Sierra Leone und Angola in den 1990er Jahren, die mit schwersten Menschenrechtsverletzungen einhergingen.

Die mittlerweile 54 Mitgliedstaaten einschließlich der EU des im Jahr 2000 ins Leben gerufenen Kimberley-Prozesses wollen ausschließen, dass Steine, die von Rebellenorganisationen kommen, gehandelt werden. Ohne Zertifikate dürfen Rohdiamanten in den Mitgliedstaaten nicht verkauft werden. Außer den staatlichen Mitgliedern sind die Zivilgesellschaft und die Industrie  am Kimberley-Prozess beteiligt.

Die EU hat sich für ihre einjährige Präsidentschaft  vorgenommen, den Prozess wirksamer zu gestalten. Sie will helfen, zwischen den Teilnehmern bewährte Praktiken auszutauschen und beispielsweise mit der Weltzollorganisation an der Durchsetzung der Regeln arbeiten, wie es aus der der Kommission heißt. Für Juni ist am traditionellen belgischen Diamantenhandelsplatz Antwerpen ein Treffen aller Mitgliedstaaten geplant, für November in Brüssel. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, unter der europäischen Präsidentschaft solle der Prozess an „neue Herausforderungen“ angepasst werden.

Viele gehen durchs Netz

Einige Herausforderungen sind bekannt. Der Prozess habe zwar durchaus Erfolge vorzuweisen, wenn Konflikte in sein Muster passen, erläutert Michael Gibb von der Organisation Global Witness. So wie vor fünf Jahren, als Rebellen in der Zentralafrikanischen Republik ihren Kampf mit Diamanten finanzierten. Damals wurden Diamanten aus dem Land vom zertifizierten Handel ausgeschlossen. „Zugleich gehen viele durchs Netz“, meint Gibb und verweist auf die schwache Staatlichkeit in der Zentralafrikanischen Republik, aber auch bei den Nachbarn Kamerun und Demokratische Republik Kongo. Das ermögliche, dass Steine geschmuggelt und nachträglich in anderen Ländern zertifiziert würden.

Als einen der größten Schwachpunkte sieht Gibb die Definition von „Konfliktdiamanten“, die nur von Rebellen verkaufte Steine betreffe. Diese Engführung habe einerseits das Einverständnis zahlreicher Regierungen zum Kimberley-Prozess ermöglicht. Andererseits ignoriere der Prozess viele Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Abbau von und dem Handel mit Diamanten, etwa auf den Marange-Diamantenfeldern in Simbabwe. Die mutmaßlichen Verbrechen der Regierung dort gegen Diamantenschürfer führten dazu, dass Global Witness 2011 die zivilgesellschaftliche Säule des KP aus Protest verließ.

Geduld und Kompromisse sind gefragt

Die Diamantenindustrie kennt solche Kritik. Der World Diamond Council, der die Branche im Kimberley-Prozess repräsentiert, unterstützt nach eigenen Angaben bereits seit fünf Jahren eine Ausweitung der Definition von Konfliktdiamanten. Es gehe darum, „die Wahrscheinlichkeit von sicheren Arbeitsbedingungen, fairen Arbeitspraktiken und nachhaltigem Wachstum in Diamanten-Gemeinden zu erhöhen“, erklärte der Präsident des Council, Stephane Fischler, im Januar auf Anfrage. Zugleich dämpft der WDC-Präsident die Erwartungen an den Reformprozess. Dieser werde schwierig, es brauche „Geduld, Offenheit und Kompromisse“.  

Global Witness ist skeptisch, ob der Kimberley-Prozess überhaupt reformierbar ist. Wegen des Konsensprinzips könnten schon wenige Regierungen jeden Schritt verhindern, der ihre eigenen Interessen verletze. Der Kimberley-Prozess könne nicht alle Probleme im Diamantenbereich lösen, sagt Michael Gibb. Deshalb setzt die Organisation darauf, auch andere europäische und internationale Initiativen und Instrumente zu schärfen.

Ein Beispiel sei die 2017 verabschiedete EU-Verordnung zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold. Das mit der Verordnung eingeführte Transparenzregister könnte als freiwilliges Register auch für Diamantenfirmen geöffnet werden, regt Global Witness an. Dazu könne man in der EU wie in der Industrie auf das angesammelte Wissen bauen. Schließlich seien zum Beispiel Schmuckfirmen häufig ebenso auf Gold wie auf Diamanten angewiesen.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2018: Kunst und Politik: Vom Atelier auf die Straße
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