Ratlos vor der Gefahr von Staatsbankrotten

Seit Jahren fordert die Organisation erlassjahr.de faire und transparente Insolvenzverfahren auf internationaler Ebene, um hoch verschuldeten armen Ländern einen neuen Start zu ermöglichen. Bislang vergeblich. Jetzt könnte die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise dafür sorgen, dass sich das Problem für eine Reihe von Staaten „von selber" erledigt - freilich ohne geordnetes Verfahren und mit bedrohlichen Folgen.

Laut dem „Schuldenreport 2009", den erlassjahr.de im Februar gemeinsam mit der Kindernothilfe vorgelegt hat, stehen sieben afrikanische Staaten unmittelbar vor dem Bankrott: Benin, Burundi, Gambia, Liberia, Mosambik, Niger und Sao Tomé & Principe. In weiteren elf Staaten sei die Lage nicht viel besser.

Verschärft wird die Situation laut dem Bericht derzeit vor allem dadurch, dass infolge der Krise die Exportmärkte zusammengebrochen und Kredite teurer geworden sind. Zudem habe die von IWF und Weltbank betriebene Entschuldung (HIPC-Initiative) für viele hoch verschuldete arme Länder nur ungenügende Entlastung gebracht.

Nicht wenige Länder hätten überdies in der trügerischen Annahme, eine stetig starke Konjunktur werde die Schulden schon wieder abtragen helfen, hohe neue Kredite aufgenommen - zum Beispiel von China.

Ein internationales Insolvenrecht wird es so schnell nicht geben

Der Schuldenreport gibt keine Antwort auf die Frage, was kurzfristig getan werden kann, um unmittelbar drohende Staatsbankrotte abzuwenden. Das von erlassjahr.de seit Jahren geforderte internationale Insolvenzverfahren wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Die Alternative dürfte am Ende deshalb heißen: Bedrohte Staaten werden zahlungsunfähig oder mit schnell mobilisiertem frischem Geld über Wasser gehalten.

Dies freilich in einer Situation, in der die Geberländer selbst mit der Finanz- und Wirtschaftskrise beschäftigt sind. Via Weltbank stünden „zu günstigen Konditionen" Kredite von 100 Milliarden US-Dollar für die Entwicklungsländer zur Verfügung, versucht das deutsche Entwicklungsministerium zu beruhigen.

Doch was hilft das, wenn die Entwicklungsländer kein Geld haben, selbst günstige Konditionen zu erfüllen? Dass die Bundesregierung von ihrem zweiten Konjunkturpaket 100 Millionen Euro für einen Soforthilfe-Infrastrukturfonds der Weltbank abzweigen will, ist zwar ehrenwert, aber angesichts der benötigten Mittelnur ein Tropfen auf den heißen Stein. (Siehe dazu auch S. 10 in diesem Heft.) Johannes Schradi

 

 

erschienen in Ausgabe 4 / 2009: Alte Menschen: Zu wenig geachtet

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