Die Fusion „von unten“ mitgestalten

Die für 2013 geplante Fusion von Diakonischem Werk und Evangelischem Entwicklungsdienst (EED) beherrscht derzeit die Debatten über die evangelische Entwicklungsarbeit. Das wurde auf der diesjährigen Entwicklungspolitischen Konferenz der Kirchen und Werke Ende März in Neudietendorf bei Erfurt deutlich. Dort ging es vor allem darum, wie gewährleistet werden kann, dass das entstehende „Evangelische Zentrum für Entwicklung und Diakonie" den Kontakt zu den Wurzeln kirchlicher Entwicklungsarbeit nicht verliert.

Die Diskussionen kreisten um die Frage, wie evangelische Entwicklungsarbeit durch eine Bündelung der Kräfte effizienter gestaltet werden kann, ohne die Vorteile ihrer institutionellen Vielfalt zu verspielen. Eberhard Hitzler vom Lutherischen Weltbund in Genf sagte, in keinem anderen Land seien so viele kirchliche Gruppen, Institutionen und Initiativen auf so vielen Ebenen entwicklungspolitisch engagiert wie in Deutschland. „Das ist ein Zeichen für eine wache, weltoffene und verantwortungsvolle Kirche." Es sei aber nötig, dass die Träger evangelischer Entwicklungsarbeit künftig stärker an einem Strang ziehen. Hitzler erinnerte an die Paris-Erklärung über eine wirksamere Entwicklungszusammenarbeit und sagte, die Kirchen sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Er spreche sich deshalb klar für das geplante Zentrum in Berlin aus. Die Fusion von EED und Diakonischem Werk sei außerdem nötig, um sicherzustellen, „dass die kirchliche Entwicklungsarbeit auch in Zukunft über die erforderlichen Finanzmittel und die nötige Schlagkraft verfügt und als wichtiger Ansprechpartner erhalten bleibt".

Im Juli 2008 hatten der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und die Kirchenkonferenz das Vorhaben begrüßt und ihre Unterstützung zugesagt. Der Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber würdigte in seinem Bericht an die EKD-Synode im vergangenen November in Bremen die Zusammenführung als „sehr weittragenden Schritt", den er „mit großem Respekt und voller Dankbarkeit" begleite. Kurz zuvor hatten die EED-Mitgliederversammlung und die Diakonische Konferenz die Fusion endgültig beschlossen.

EED-Vorstandsmitglied Tilman Henke und Wolfgang Zeese von „Brot für die Welt" erläuterten in Neudietendorf den Nutzen der Fusion und die geplante Struktur des neuen Zentrums. Die anschließende Diskussion zeigte, dass bei den Missionswerken sowie unter lokalen und regionalen Trägern kirchlicher Entwicklungsarbeit die Sorge verbreitet ist, das neue Zentrum könne sich von seinen Wurzeln lösen und den Kontakt zu Basisinitiativen und den Gemeinden verlieren. Einigkeit bestand darüber, dass beide Seiten gefordert sind, das zu verhindern: Die Beauftragten des Kirchlichen Entwicklungsdienstes in den Landeskirchen, die regionalen Diakonischen Werke sowie die vielen entwicklungspolitischen Initiativen auf lokaler Ebene müssten sich an der Schaffung des Zentrums aktiv beteiligen, hieß es. Die für die Fusion zuständigen Gremien im Diakonischen Werk in Stuttgart und beim EED wiederum müssten dafür Sorge tragen, dass die Anregungen „von unten" auch gehört würden.

Klaus Seitz, der Leiter der Abteilung Politik und Kampagnen von „Brot für die Welt", sagte zu, die Träger des neuen entwicklungspolitischen Zentrums würden nicht vergessen, dass ihre Arbeit letztlich auf der Legitimation durch die kirchliche Basis ruhe. Er erinnerte aber auch daran, dass bereits die Entwicklungsdenkschrift von 1973 der Evangelischen Kirche in Deutschland den Vorschlag enthält, ein „einheitliches Gesamtwerk" der kirchlichen Entwicklungsdienste zu schaffen „mit dem Ziel einer Integration aller Dienste". Insofern sei die anstehende Fusion das „folgerichtige Ergebnis eines langen Lernprozesses".

Auch das Verhältnis zwischen Missionswerken und Hilfswerken war in Neudietendorf ein Thema. Vertreter von Missionswerken betonten, ihre Arbeit stehe für genau das, was manche von dem neuen Zentrum in Berlin gefährdet sähen: den Kontakt der evangelischen Entwicklungsarbeit zur kirchlichen Basis. Mission stehe dafür, die Weltverantwortung der protestantischen Kirche zu akzeptieren, formulierte ein Teilnehmer. Andere hingegen kritisierten, die Missionswerke hätten ihren Aufgabenbereich in den vergangenen Jahren immer weiter ausgeweitet und machten heute oft nichts anderes als die Hilfswerke auch, was teilweise teure Doppelarbeit  mit sich bringe.

Tillmann Elliesen

 

EMW: „Mission und Entwicklung gehören zusammen"

Der Vorstand des Evangelischen Missionswerks (EMW) hat sich mit einem Diskussionspapier in die Debatte um das neue kirchliche Entwicklungswerk eingeschaltet, das aus der Fusion von „Brot für die Welt" und dem Evangelischen Entwicklungsdienst entstehen soll. Es müssten „tragfähige Formen verbindlicher Zusammenarbeit" zwischen Entwicklungs- und Missionswerken festgelegt werden, heißt es darin. In bisherigen Entscheidungen zu der Fusion habe das Verhältnis von Mission zu Entwicklung und Diakonie „überraschend keine erkennbare Rolle gespielt". „Anfragen" aus den Entwicklungswerken, die Missionswerke hätten ihre Mandate ausgeweitet, weist das EMW zurück.  Das Papier verweist auf eine Reihe von kirchlichen Texten aus den vergangenen vierzig Jahren, die einen „tragfähigen Grundkonsens" widerspiegelten, dass Mission und Entwicklung zusammengehören.  Es gebe deshalb „keine vertretbare Alternative" zur Fortsetzung einer „qualifizierten Weggemeinschaft zwischen Missions- und Entwicklungswerken". Zugleich müsse der Frage nach Konkurrenzen und Doppelstrukturen nachgegangen werden - nicht zuletzt angesichts knapper werdender Ressourcen.  Um auch künftig gemeinsam effizient agieren zu können, sollten die Kompetenzen der Missionswerke in die weiteren Beratungen über das neue Zentrum „zügig einbezogen" werden.

(ell)

 

 

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