Mission impossible?

Freihandel in Afrika
Gambia hat mit seiner Ratifizierung den Weg freigemacht für eine afrikanische Freihandelszone. Eine Studie geht der Frage nach, wie realistisch das Vorhaben ist.

Es kann losgehen: Anfang April hat das Parlament von Gambia den Vertrag über eine gesamtafrikanische Freihandelszone ratifiziert; damit sind genug Staaten dem Abkommen beigetreten, dass es in Kraft treten kann. Ökonomen und Fachleute für Entwicklung versprechen sich viel von dem ehrgeizigen Plan, ganz Afrika in einen einzigen großen Markt zu verwandeln. Aber wird das jemals Wirklichkeit werden?

Eine Studie der Brüsseler Denkfabrik ECDPM stellt skeptisch fest: Die afrikanischen Staaten seien gut darin, Verträge zu schließen, aber schlecht darin, diese dann auch zu erfüllen. Das werde etwa daran deutlich, dass etliche Staaten die schon seit langem bestehenden regionalen Handelsabkommen bis heute kaum umgesetzt haben – mit der Folge, dass Schmuggel, informeller Warenaustausch und Korruption an vielen innerafrikanischen Grenzen weiter eine große Rolle spielen.

Die Autorinnen der Studie fragen nach den Chancen der gesamtafrikanischen Freihandelszone – kurz AfCFTA –, indem sie sich ansehen, welchen Rückhalt das Vorhaben in den beiden größten Volkswirtschaften Afrikas hat: Nigeria und Südafrika. Der Blick nach Nigeria ist ernüchternd: Die Regierung des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas hat den Vertrag bislang nicht einmal unterzeichnet. Laut der ECDPM-Studie gibt es in Nigerias Politik und vor allem in der Wirtschaft große Vorbehalte gegen eine Marktöffnung. Der Grund: Die bislang abgeschottete Industrie ist schwach, weil die Wirtschaft bislang voll auf die Ölförderung ausgerichtet ist, und die nigerianischen Unternehmer fürchten die Konkurrenz aus anderen afrikanischen Ländern.

Zugleich haben wichtige Unternehmer großen Einfluss auf die Regierung: Mit Verweis auf afrikanische Medienberichte heißt es in der Studie, „gewisse einflussreiche Geschäftsleute“ hätten auf Präsident Buhari eingewirkt, dass er das AfCFTA-Abkommen nicht unterzeichnet.

Ausbau von Industrie und Infrastruktur

In Südafrika ist das Bild anders. Die Regierung hier verstehe Handelspolitik als einen Teil ihrer Bemühungen, die Industrialisierung des Landes voranzutreiben, heißt es in der Studie. Südafrika sei deshalb daran interessiert, nicht nur den Handel, sondern auch die afrikaweite Zusammenarbeit beim Ausbau von Industrie und Infrastruktur zu intensivieren.

Die südafrikanische Wirtschaft ist laut der Studie eher indifferent gegenüber der geplanten Freihandelszone: Die Industrie am Kap ist die stärkste und technologisch am weitesten fortgeschrittene des Kontinents; sie ist zudem heute schon stark in den internationalen Markt integriert. Von einem Ausbau des Freihandels in Afrika versprechen die südafrikanischen Unternehmer sich nicht allzu viele Vorteile, weil sie ohnehin schon Marktzugang haben, stellen die Autorinnen fest. Sie lehnen das Vorhaben aber auch nicht ab, sind allerdings skeptisch, dass die Regierung in der Lage ist, ihre Interessen zu vertreten.

Interessant ist der Befund der Studie, dass die Verhandlungen über AfCFTA in beiden Ländern die innenpolitischen Debatten beeinflusst und die Kräfteverhältnisse verändert haben. In Nigeria etwa lasse sich beobachten, dass die Regierung handelspolitische Reformen in Angriff nehme und gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden genauer untersuchen wolle, wie sich eine Freihandelszone auswirken würde. Zudem habe sich als Folge der Verhandlungen erstmals ein Verband der Dienstleistungsindustrien gegründet, um die Interessen dieser Branche wirksamer einzubringen.

Südafrika habe sich im Zuge der AfCFTA-Verhandlungen Themen wie Investitionsschutz, Dienstleistungshandel und dem Schutz von geistigem Eigentum geöffnet. Bis dahin habe es die südafrikanische Regierung stets abgelehnt, diese Fragen in Handelsabkommen zu regeln.

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