Europa exportiert sein billiges Schweinefleisch

Die EU-Agrarpolitik schädigt Produzenten in Entwicklungsländern

Heimo Claasen

Die Europäische Union (EU) hat Ende 2007 erneut Subventionen für den Export von Schweinefleisch beschlossen. Dadurch könnte der ohnehin niedrige Weltmarktpreis für EU-Fleisch weiter sinken. Doch die Beihilfen sind nicht das Hauptproblem für die Schweinemäster in Afrika.

Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) hat den Beschluss der EU-Kommission kritisiert als „Rückschritt in unseren Bemühungen, die Kleinproduzenten in Entwicklungsländern vor unfairer Konkurrenz durch die EU-Agrarmarktordnungen zu schützen“. Gegen die niedrigen Preise von 0,44 Euro je Kilo EU-Fleisch könnten die einheimischen Mäster nicht konkurrieren, heißt es in der EED-Mitteilung. Laut Welternährungsorganisation (FAO) betragen die durchschnittlichen Produktionskosten in Westafrika 1,72 Euro pro Kilo. Der EU-Exportpreis könne durch die Subventionen nochmals um 70 Prozent sinken und den einheimischen Kleinmästern ihre Existenzgrundlage nehmen.

Die EU-Kommission hat die Exportsubventionen für Schweinefleisch Ende November 2007 angesetzt. Seit 1975 kann sie solche Hilfen im Rahmen der „Gemeinsamen Marktorganisation“ (GMO) je nach Marktlage an- und abstellen. Die Unterstützung soll den sprichwörtlichen „Schweinezyklen“ gegensteuern, also dem ständigen Wechsel von Überproduktion mit Preisverfall und Bauernpleiten einerseits und Mangel an Schweinefleisch andererseits.

Allerdings sind die Exporthilfen der EU nicht neu und auch nicht das größte Problem für die Bauern in Afrika. Vielmehr führt vor allem die von der EU-Agrarreform vorangetriebene Industrialisierung der Viehzucht dazu, dass Großproduzenten aus der EU weniger entwickelte Länder überrollen. Seit dem Abschluss der Uruguay-Handelsrunde und der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1994 hat die EU ihr Instrumentarium grundlegend verfeinert. Dadurch ist die EU-Produktion von Schweinefleisch um über die Hälfte gestiegen und der Export hat sich seit Anfang der 1990er Jahre auf rund 1,45 Millionen Tonnen in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. Dagegen sind die subventionierten Exporte im gleichen Zeitraum von durchschnittlich 655.000 Tonnen auf unter 300.000 Tonnen zurückgegangen. 2005 wurde nur noch ein Zehntel der EU-Schweinefleischexporte subventioniert, gegenüber fast neun Zehntel Anfang der 1990er Jahre.

Seit Mitte der 1990er Jahre spielen andere Faktoren eine stärkere Rolle für den Anstieg der Exporte. Laut Evaluierung der EU-Subventionen aus dem Jahr 2005 haben sich insbesondere die Verminderung der Futterkosten infolge der Agrarreform und der Gemeinsamen Marktordnung für Getreide als viel stärkerer Antrieb erwiesen. Selbst wenn die Subventionen gestrichen würden, würden die europäischen Schweinefleischexporte kaum sinken – laut der Evaluierung um weniger als zwei Prozent. Zudem ließe sich dadurch das strukturelle Problem nicht lösen, dass die durchrationalisierte Mast- und Fleischverarbeitungsindustrie der EU und ihrer Exporteure trotz hoher Kosten für Transporte und Kühlketten das kleinbäuerliche Schwein von den Märkten in Abidjan und Duala vertreibt.

Quelle: Agra CEAS Consulting: Evaluation of the Common Market Organisations (CMOs) for Pigmeat, Poultry meat and Eggs. November 2005. Im Internet: http://circa.europa.eu/Public/irc/agri/pig/library.

welt-sichten 2/3-2008

 

 

 

erschienen in Ausgabe 2 / 2008: Pakistan - Staat in der Dauerkrise
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