Tödliche Verwandlung

Tödliche Verwandlung

Kontroverse um den Einsatz eines Pilatus-Flugzeugs im Tschad

Von Sarah Fasolin

Ein Flugzeug der Schweizer Pilatus-Werke ist im Tschad mit Waffen aufgerüstet worden. Hilfswerke und Politiker fordern, dass Flugzeuge dieses Typs unter das Kriegsmaterialgesetz gestellt werden.

Die Fotos der Maschine vom Typ PC-9 tauchten in einem denkbar ungünstigen Moment auf: Ende Januar eskalierte die Lage im Tschad, Rebellen versuchten Staatschef Idriss Déby zu stürzen. Das Schweizer Fernsehmagazin „10vor10“ strahlte Bilder des aus der Schweiz exportieren Flugzeugs aus. Auf einer Aufnahme war die PC-9 mit Streubomben bewaffnet. Nach dem Kaufvertrag mit der Schweiz aus dem Jahr 2006 darf Tschad das Flugzeug jedoch nur zur Ausbildung von Armee-Piloten einsetzen.

Mittlerweile hat der Bundesrat bestätigt, dass die PC-9 aus Stans im Tschad nicht nur bewaffnet, sondern Hinweisen zufolge „regelmäßig in Kampfhandlungen im Grenzgebiet zwischen Tschad und dem Sudan“ eingesetzt wurde. Dies hatte eine Untersuchung des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) ergeben, das für den Verkauf an den Tschad federführend war. Der Bund prüft nun mögliche Sanktionen wegen Vertragsbruchs.

Der Vorfall bestätigt Befürchtungen von Hilfswerken und Parlamentsabgeordneten. Die Umrüstung sei „von Anfang an ein kalkuliertes Risiko“ gewesen, kritisierte SP-Nationalrätin Barbara Haering. Bereits 2006 war in der Schweiz eine Diskussion entbrannt, ob Flugzeuglieferungen in ein politisch instabiles Land zu verantworten seien. Die Entwicklungsorganisation Swissaid, seit 1965 im Tschad engagiert, bedauerte die Lieferung damals ebenfalls. Die Pilatus-Maschinen waren als zivile Trainingsflugzeuge exportiert worden und unterlagen „als besondere militärische Güter“ dem Güterkontrollgesetz und nicht dem Kriegsmaterialgesetz, das Exporte wesentlich restriktiver regelt.

Es ist paradox: Während die Schweiz Flugzeuge für Tschads Armee bewilligt, versucht sie gleichzeitig bei der Lösung des Konfliktes zwischen Regierung und Rebellen zu helfen. „Die Schweiz hat dem Tschad bereits mehrfach Unterstützung im Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren angeboten“, sagt Lars Knuchel vom Außenministerium (EDA). Tschad ist auf das Angebot jedoch nicht eingegangen. Auch die Schweizer Entwicklungshilfe (DEZA) ist im Tschad in der Friedensförderung aktiv. Humanitäre Hilfsorganisationen kümmern sich um die Flüchtlinge im Grenzgebiet zum Sudan und im Norden Kameruns, sorgen für Essen und Ärzte sowie Schutz und Hilfe bei der Suche nach Angehörigen.

Josef Lang, Nationalrat der Alternativen, hat genug von diesem Doppelspiel. Denn es ist nicht das erste Mal, dass in heikle Gebiete exportierte Pilatus-Maschinen nachträglich in Militärflugzeuge umgerüstet und als solche eingesetzt wurden: Aus Burma, Guatemala, Mexiko und dem Irak sind ähnliche Fälle bekannt. In der Frühlingssession des Nationalrats im März will Lang einen Antrag einreichen, in dem er fordert, dass die Flugzeuge dem Kriegsmaterialgesetz unterstellt werden. „Doch auch damit kann Missbrauch nicht komplett verhindert werden“, sagt Lang. „Deshalb gibt es letztlich nur eine Garantie: Ein Verbot für die Ausfuhr von Kriegsmaterial.“

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) hat dem Bundesrat vergangenen September eine entsprechende Initiative vorgelegt, die 2009 zur Volksabstimmung kommen soll. Sie sieht auch ein Verbot dafür vor, „besondere militärische Güter“ wie die Pilatus-Flugzeuge unter dem Güterkontrollgesetz zu exportieren.

Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard hat einen weiteren Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht: Länder, die von der Schweiz Entwicklungshilfe erhalten, sollen keine Trainingsflugzeuge importieren dürfen. „Wenn ein Land Entwicklungshilfe braucht, hat es wohl wichtigere Prioritäten, als Trainingsflugzeuge zu kaufen“, so Leuthard. Diese Idee will sie nun im Bundesrat einbringen.

welt-sichten 2/3-2008

 

 

erschienen in Ausgabe 2 / 2008: Pakistan - Staat in der Dauerkrise
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