Deutscher Kolonialismus im Fokus der Eine Welt-Arbeit

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Rassismus in der Entwicklungszusammenarbeit
Deutsche Kolonialgeschichte
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Gedenkmarsch im Februar 2020 in Berlin für die Opfer von Versklavung und Kolonialismus in Afrika.
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Eine Welt-Netzwerke bringen die Diskussion über die koloniale Vergangenheit Deutschlands voran. Dabei geht es nicht nur um die schwierige Vergangenheit, sondern auch um Rassismus und Diskriminierung heute.

Die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Deutschlands ist ein wichtiges Anliegen von Eine Welt Netzwerken. Oft sind es Organisationen von Migranten, People of Color, Schwarzen Deutschen und Diaspora-Vereinigungen, die das Thema in die Netzwerke bringen. 

Das Deutsche Kaiserreich beanspruchte zwischen 1884 und dem Ersten Weltkrieg neben Togo, Kamerun, dem heutigen Namibia und Tansania auch Gebiete in Ozeanien (Samoa, Papua-Neuguinea) sowie Kiautschou in China. Lange Zeit wenig beachtet, stehen die Folgen des deutschen Herrschaftsdrangs nun zunehmend im Fokus der öffentlichen Diskussion. Es geht um den Umgang mit Denkmälern, historisch belasteten Straßennamen und Artefakten in Museen, um die Frage nach einer angemessenen Erinnerung an Widerstand der Kolonisierten bis hin zur Problematik, inwiefern koloniale Strukturen noch heute im Verhältnis zum globalen Süden vorherrschen. 

Aufgrund ihrer Stadtgeschichte sind Berlin sowie die Hansestädte Bremen und Hamburg in besonderer Weise mit dem Thema konfrontiert. In Berlin fand die Afrika-Konferenz 1884/85 statt, auf der europäische Mächte den Kontinent untereinander aufteilten. Hier gab es besonderes viele der sogenannten Völkerschauen, für die Menschen aus den Kolonien nach Deutschland verschifft und ausgestellt wurden. Hamburg war als Hafenstadt vor 1918 eine der einflussreichsten Kolonialmetropolen Europas. Von hier aus wurden auf Drängen von Hamburger Kaufleuten koloniale Schutztruppen nach Namibia verschifft.

Hamburg bemüht sich seit sieben Jahren um Aufarbeitung

In der Hansestadt sind umfassende Erinnerungskonzepte in Arbeit; bereits 2014 begann die Aufarbeitung mit einem entsprechenden Senatsbeschluss. Seitdem hat die Hamburger Behörde für Kultur und Medien eine Plattform für den Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Institutionen, Verwaltung und Politik geschaffen. 2019 hat der Senator einen Beirat für die Behörde eingerichtet, mehrheitlich mit Personen mit migrantisch-diasporischem Hintergrund. Emmanuel Asare vom Verein African German Network Association und Mitglied des Beirats sagt: „Keine Stadt in Europa hat vom Kolonialismus so stark wirtschaftlich und politisch profitiert wie Hamburg.“ Der Beirat hat ein Papier mit Eckpunkten für ein Erinnerungskonzept erarbeitet, das im Februar 2021 beim digitalen runden Tisch Koloniales Erbe vorgestellt wurde. 

Die Diskussion ist aber noch nicht abgeschlossen; Konflikte entstehen, wenn es konkret wird. Zivilgesellschaftliche Gruppen haben die Sanierung des 1906 im Hamburger Hafen eingeweihten monumentalen Bismarck-Denkmals für rund neun Millionen Euro kritisiert und einen Stopp der Arbeiten gefordert. Der Senat ist auf die Kritik teilweise eingegangen. Jetzt soll das Monument künstlerisch „kommentiert“ werden. Wie das genau aussehen wird, will die Behörde für Kultur und Medien mit einer internationalen Jury erarbeiten. 

In Berlin hat der Senat 2019 den im gleichen Jahr entstandenen Verein Decolonize Berlin damit beauftragt, in Zusammenarbeit mit Vertretern von Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und städtischen Institutionen ein Konzept zur Erinnerung zu erarbeiten, das voraussichtlich Ende November der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Der 2020 erschienene Zwischenbericht des Vereins Decolonize Berlin lässt erahnen, dass es um weit mehr als die Umbenennung von belasteten Straßennamen gehen wird. 

In Berlin sollen Stimmen von Migranten einbezogen werden

Der Verein fordert einen grundlegenden Perspektivwechsel, der die Sichtweise von Menschen aus dem globalen Süden einbindet, zum Beispiel in Bildungspolitik und Institutionen. Es sollen in Berlin Lern- und Erinnerungsorte entstehen und mehr gegen Diskriminierung unternommen werden. Bei allen Projekten sollen migrantische Stimmen einbezogen werden. Für Berlins Städtepartnerschaft mit Windhuk in Namibia fordert Decolonize, dass die Bundesregierung den Völkermord an den Herero formell anerkennt, was sie bisher nicht getan hat. Bisher haben sich nur einzelne Politiker entschuldigt.

Bremen ist zur Aufarbeitung seiner kolonialen Vergangenheit 2016 in einen Bürgerdialog eingestiegen. Erinnerung soll in der Hansestadt kein Selbstzweck sein, sondern helfen, Rassismus und Diskriminierung abzuhauen, etwa durch Weiterbildungsangebote für städtische Mitarbeitende. 

In Frankfurt, Köln, Freiburg oder Leipzig organisieren Postkolonial-Vereine Stadtrundgänge, die zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kolonialismus einladen. „Resonanz auf das Thema gibt es auch aus der Mehrheitsgesellschaft“, sagt Serge Palasie, Fachpromotor für Flucht, Migration und Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Palasie hat die Ausstellung mit dem Titel „Sicherte sich auch unser Land einen Patz an der Sonne?“ entwickelt, die am 20. November im Düsseldorfer Stadtmuseum eröffnet wird. 

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erschienen in Ausgabe 11 / 2021: Leben im Dorf
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