Ringen um den Schutz des Kongowalds

AFP via Getty Images/GUERCHOM NDEBO
Im Nordosten der DR Kongo fällen Männer Bäume, um Holzkohle herzustellen. Sie halten sich an Regeln, die sicherstellen sollen, dass der Wald nicht zu stark darunter leidet.
Berlin
Im Juli ist der deutsche Vorsitz der internationalen Kongobeckenwald-Partnerschaft zu Ende gegangen. Wo steht die Partnerschaft heute? Was hat sie erreicht?

Illegaler Holzeinschlag und Handel, Viehherden, Brände: Das sind einige der Feinde des Regenwalds, der sich im afrikanischen Kongobecken erstreckt. Sein Erhalt ist kritisch, weil es der einzige Wald des Planeten ist, der noch mehr CO2 bindet als sie durch Abholzung freisetzt. Um die Leistungen für Klima, Wasserhaushalt und Biodiversität zu schützen und zugleich mit der Nutzung des Waldes durch seine Bewohner in Einklang zu bringen, haben sich vor mehr als 20 Jahren sechs Länder zur Kongobeckenwald-Partnerschaft (KBWP) zusammengetan. 

Heute gehören alle zehn Mitglieder der Waldkommission Comifac der Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten, darunter DR Kongo, Gabun, Kamerun und die Zentralafrikanische Republik, zur KBWP. Zuletzt machte die KBWP 2021 bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) von sich reden, als sie die sogenannte Fair-Deal-Erklärung vorlegte, die ihre Mitglieder – zu der neben den afrikanischen Mitgliedern inzwischen auch Geberländer, regionale und UN-Gremien, NGOs, sowie Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft gehören – in anderthalb Jahren erarbeitet hatten. In der Erklärung sagen die afrikanischen Staaten den Schutz des Regenwalds zu, wenn sie dafür einen angemessenen Teil der internationalen Gelder zum Schutz von Klima und Biodiversität erhalten. Das sei ein großer Erfolg der dreieinhalbjährigen deutschen KBWP-Führung gewesen, sagt Christian Ruck. Der frühere entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat bis Juli die Arbeit der Partnerschaft im Auftrag der Bundesregierung koordiniert. Den Ländern wurden von zwölf Gebern auf der COP26 in Glasgow 1,5 Milliarden US-Dollar für den Schutz der Ökosysteme im Kongobecken für die Jahre 2021 bis 2025 zugesagt.

Wichtiger aber werde der Entwurf eines dauerhaften gerechten Vergütungssystems sein, betont Ruck. Seit der Generalversammlung der Partnerschaft 2022 in Libreville in Gabun sucht eine Wissenschaftler-Taskforce Antworten darauf, wie die ökologischen Leistungen der Wälder vergütet werden können. Ein erstes Grundlagenpapier ist inzwischen formuliert, sagt Ruck. Angesichts der zum Teil schwachen Staaten in der Region sei das nicht leicht. Es sei schwierig, illegale Aktivitäten im Wald und Korruption in den Griff zu kriegen, weil das „nicht jeder will“, erklärt Ruck. Im Amazonas seien die indigenen Gemeinschaften die Hoffnungsträger – der Ansatz passe im Kongobecken nicht. Es gehe darum, finanzielle Anreize zu setzen, den Wald zu schonen, und der Bevölkerung zugleich alternative Einkommensquellen zu geben. 

Wie viel ist der Schutz des Waldes wert?

Die Kongobeckenländer beanspruchen einen angemessenen Teil der 100 Milliarden US-Dollar, die die reichen Länder laut dem Paris-Abkommen von 2015 jährlich für den globalen Klimaschutz bereitstellen wollen. Aber was ist angemessen? Wissenschaftliche Überlegungen billigen allen Tropenwaldländern für die ökologischen Leistungen zugunsten des Planeten ein Viertel der globalen Klimaschutzmittel zu. Die Waldfläche ist ein Anhaltspunkt, die gespeicherten CO2-Äquivalente sind ein anderer. Nach Schätzungen des Center for Global Development [mz4] bindet das Kongobecken 600 Megatonnen CO2 pro Jahr. 

In vieler Hinsicht gilt Gabun als Musterpartner. Es ist zu 88 Prozent mit Wald bedeckt und wurde als erstes afrikanisches Land für Waldschutz bezahlt. Im Jahr 2021 gab Norwegen 17 von zugesagten 150 Millionen US-Dollar frei, nachdem unabhängige Audits 2016 und 2017 eine Abholzungsrate von jährlich nur 0,1 Prozent bescheinigt hatten. Norwegen zahlte die Summe im Rahmen des 2015 von einer Allianz der Willigen gegründeten Finanzierungsmechanismus Zentralafrikanische Waldinitiative (Cafi), der nachhaltige Forst- und Landwirtschaft unterstützt. Deutschland hat seinen Cafi-Beitrag 2022 um 45 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro aufgestockt.

Einen Testlauf neuer Art mit China hat der deutsche KBWP-Vorsitz gestartet. Da Peking Ende 2019 in seinem Forstgesetz die Einfuhr von illegal gehandeltem Holz verboten hat, soll sich nun zeigen, wie ernst die Neuregelung genommen wird. Ein Projekt wird fünf zentralafrikanische Länder und die chinesische Verwaltung dabei unterstützen, eine legale und nachhaltige forstwirtschaftliche Lieferkette zu organisieren. Die Herkunft des Holzes soll dokumentiert werden, so dass sie überprüft werden kann.

Gefahr durch Viehherden

Als weiterer Erfolg gilt die Kooperation des Kongobeckens mit dem angrenzenden Sahel gegen Umwelt- und Sicherheitsprobleme als Folge der sich ausbreitenden pastoralen Weidewirtschaft. Diese jahrhundertealte Wirtschaftsform dient mittlerweile als lukrative Geldanlage, erläutert Ruck. Die Besitzer großer Herden stammen demnach zunehmend aus den begüterten Eliten in den Hauptstädten. Auch aus arabischen Staaten sei inzwischen viel Geld in die Rinderherden investiert worden, die zu einem „weiteren Sargnagel für die empfindlichen Ökosysteme der Sahelzone und des Kongobeckens“ zu werden drohten, sagt Ruck. 

Allein im Tschad soll sich die Zahl der Rinder innerhalb weniger Jahre von weniger als 100 Millionen auf 150 Millionen erhöht haben. Nun haben acht Länder nationale Investitionspläne erarbeitet und in Kamerun im Juli den Geberländern präsentiert. Ihr Ziel ist etwa, Großbesitzer beim Umstieg von der Wanderwirtschaft zu stationärer Farmertätigkeit zu unterstützen sowie traditionelle Wanderhirten besser über Zugänge zu Wasser für ihr Vieh zu informieren. „Alle sehen ein: Das Land gibt das nicht mehr her, sie suchen Lösungen“, sagt Ruck. Die Unterstützung traditionaler Chefs sei dafür entscheidend. 

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