Sicherheit statt Almosen!

Herausgeberkolumne
Dass der jüngste Klimagipfel einen Fonds für Klimaschäden eingerichtet hat, ist zwar gut. Aber weder ölexportierende Entwicklungsländer noch Schwellenländer mit hohen Emissionen haben sich bereit erklärt, einzuzahlen. Und ein Anspruch auf Bezahlung bei klimabedingten Schäden besteht nicht, kommentiert Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt.

Dagmar Pruin ist Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe sowie Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung e.V..

Dass es so schnell ging, war durchaus überraschend für viele Teilnehmende der 28. Weltklimakonferenz (COP28). Fast 30 Jahre haben die am wenigsten entwickelten Länder und kleinen Inselstaaten für einen Fonds gekämpft, der sie bei der Bewältigung von Klimaschäden unterstützen soll. Schon am Eröffnungstag verkündete dann Sultan Ahmed Al-Jaber, der Präsident der COP28, dass der Fonds nun eingerichtet sei und dass es sich die Vereinigten Arabischen Emirate als Gastgeberland nicht nehmen ließen, die ersten 100 Millionen US-Dollar einzuzahlen. Nach Al-Jaber kündigte die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze einen deutschen Beitrag in gleicher Höhe an. 

Dieses Vorgehen war kein Zufall, sondern schon vor der COP zwischen dem deutschen Entwicklungsministerium und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgestimmt. Exakt 200 Millionen US-Dollar sind laut Weltbank nötig, um den Fonds für Klimaschäden bei der Weltbank zu starten. Eine gute Idee der beiden Länder, die weitere Staaten zur Einzahlung bewegen und Vertrauen bei den ärmsten Staaten schaffen sollte, da ihr Anliegen gleich zu Beginn der Konferenz behandelt wurde. Die ärmsten und verletzlichsten Staaten brauchen dringend Unterstützung, denn sie sind nicht in der Lage, die wachsenden Folgekosten von Klimaschäden, zum Beispiel Folgen von Überschwemmungen, aufzubringen – zumal es trotz steigender Temperaturen auch an Anpassungshilfe mangelt. Im Jahr 2021 haben die Industrieländer nur 21 Milliarden US-Dollar für Klimaanpassung bereitgestellt. Allein der Bedarf an Anpassungsfinanzierung liegt jedoch 10 bis 18 Mal höher, so ein Bericht des UN-Umweltprogramms. Brot für die Welt zeigt mit seinem neuen Anpassungsindex zudem, dass ausgerechnet die Staaten mit den höchsten Klimarisiken am wenigsten von der bereitgestellten Finanzierung für Anpassungsmaßnahmen abbekommen und daher mit immer größeren Klimaschäden rechnen müssen. 

Verursacher der Klimakrise spielen Verantwortungs-Pingpong

Der Euphorie auf der COP28 über die zügige Einrichtung des Fonds für Klimaschäden folgte bald die Ernüchterung: In Dubai wurden gerade einmal 800 Millionen US-Dollar für den Fonds angekündigt und die Zusagen kamen – abgesehen vom Gastgeberland selbst – ausschließlich von Industriestaaten. Die Idee Deutschlands und der Emirate ist also leider nicht aufgegangen: Die Geberbasis konnte kaum erweitert werden. Weder ölexportierende Entwicklungsländer noch Schwellenländer mit hohen Emissionen wurden zur Einzahlung motiviert. Solange diese beiden Staatengruppen nicht mitmachen, weigern sich die Industriestaaten, eine Verpflichtung zur Einzahlung anzuerkennen. Somit müssen sich die ärmsten Staaten mit Almosen abfinden und haben weiterhin keine sichere Unterstützung bei der Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste. Die Verursacher der Klimakrise spielen währenddessen Verantwortungs-Pingpong.

Allein in den Entwicklungsländern werden die Kosten für klimabedingte Schäden und Verluste laut einer Studie von Climate Analytics ab dem Jahr 2030 zwischen 290 und 580 Milliarden US-Dollar jährlich betragen. Die UN-Organisation für Handel und Entwicklung UNCTAD empfiehlt, dass der Fonds ab jetzt jährlich mit 150 Mrd. US-Dollar befüllt werden sollte und ab 2030 sogar mit jährlich 300 Mrd. US-Dollar.

Die Industriestaaten haben in Dubai aber mit Nachdruck signalisiert, dass die Mittel für Klimaschäden nur freiwillig bereitgestellt werden und nicht Teil des Globalen Finanzziels für die Zeit nach 2025 sein sollen, welches im November 2024 bei der COP 2024 in Baku, Aserbaidschan, verhandelt wird. Sie wollen sich gemeinsam mit hochemittierenden Entwicklungsländern nur zu Klimaschutz- und Anpassungszahlungen verpflichten, aber nicht zusätzlich dazu, für Klimaschäden aufzukommen. Diese Blockadehaltung müssen die Industriestaaten aufgeben und sich verantwortlich gegenüber den Betroffenen zeigen. Statt Almosen brauchen die ärmsten und verletzlichsten Staaten verlässliche Finanzhilfen. 

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erschienen in Ausgabe 1 / 2024: Krieg ohne Ende?
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