An Zynismus kaum zu überbieten

Afghanistan
Die schwarz-rote Regierung tut so, als kümmere sie das Schicksal von Abschiebung bedrohter Afghaninnen und Afghanen in Pakistan. Wenn dem so wäre, gäbe es eine einfache Lösung, meint Tillmann Elliesen.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei "welt-sichten".

Als vor vier Jahren die Taliban die Macht in Afghanistan zurückeroberten und die westliche Staatengemeinschaft mitsamt ihrer Entwicklungshilfeindustrie fluchtartig das Land verließ, setzte die Bundesregierung verschiedene Aufnahmeprogramme für gefährdete Afghaninnen und Afghanen auf. Auf diese Weise sollten etwa sogenannte Ortskräfte, die die deutsche Entwicklungszusammenarbeit am Hindukusch unterstützt hatten, vor den Taliban in Sicherheit gebracht werden. Bereits die Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP tat sich da nicht gerade durch Übereifer hervor. Aber das Vorgehen der schwarz-roten Bundesregierung unter Friedrich Merz ist an Zynismus kaum zu überbieten.

Schon in ihrem Koalitionsvertrag stellten CDU/CSU und SPD klar, man werde die Aufnahmeprogramme „soweit wie möglich beenden“. Allerdings hatten rund 2000 Afghaninnen und Afghanen da bereits eine grundsätzliche Aufnahmezusage, die meisten von ihnen warten bis heute in Pakistan auf ihre Ausreise. Außenminister Johann Wadephul (CDU) versicherte zwar noch im Juli, jeder mit rechtsverbindlicher Zusage dürfe nach Deutschland kommen. Doch Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) tut alles, um die entsprechenden Prüfungen zu verschleppen. Am liebsten wäre es der Bundesregierung wohl, die Angelegenheit würde einfach vergessen und die betroffenen Afghaninnen und Afghanen würden sich auf eigene Faust irgendwohin in Sicherheit bringen.

Doch dem hat die pakistanische Regierung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit Monaten schiebt sie im großen Stil Afghaninnen und Afghanen zurück ins Nachbarland ab, und es war nur eine Frage der Zeit, bis es auch solche mit einer Aufnahmezusage aus Deutschland treffen würde. Rund 450 von ihnen hat die pakistanische Polizei bislang verhaftet, um sie abzuschieben; mehr als 200 hat sie bereits über die Grenze nach Afghanistan geschafft. Dort hat das Auswärtige Amt nach eigenen Angaben die Unterbringung der Betroffenen organisiert. Zudem habe man erreicht, dass 245 der in Pakistan verhafteten Menschen wieder freigelassen worden seien.

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Das klingt so, als kümmere die Bundesregierung das Schicksal dieser Afghaninnen und Afghanen. Doch ginge es ihr wirklich um deren Sicherheit, dann würde sie sie einfach ins Flugzeug setzen und ausfliegen lassen – wie es ihnen einst zugesagt wurde. Tatsächlich geht es der Bundesregierung aber weiterhin nur darum, sie von Deutschland fernzuhalten. Warum? Weil Anfang des Jahres ein Afghane in Aschaffenburg mit einem Messer zwei Menschen getötet und drei weitere schwer verletzt hat – ein Afghane von rund 400.000 in Deutschland. 

Seit der Bundestagswahl und seit dem „Versprechen“ der Regierung, man werde die Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen „soweit wie möglich beenden“, hat die AfD in Umfragen bundesweit zwischen zwei und sechs Prozentpunkte zugelegt und liegt jetzt gleichauf mit der Union. Wenn CDU und SPD so weiter machen, können sie bald abtreten und die Rechtsradikalen ranlassen.

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