Schuldenkrise im globalen Süden / Entwicklungspolitik in der Sicherheitsstrategie

wir freuen uns, Ihnen heute wieder unseren exklusiven Newsletter für Unterstützer und Abonnenten zuzuschicken. Diesmal geht es um die Schuldenkrise im globalen Süden, um die Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung und um die bedrohte LGBTQ-Community in Uganda.  

Argentinien, Sambia, Sri Lanka oder der Libanon – all diese Länder konnten in den vergangenen drei Jahren ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen. Das seien nur einige Fälle einer sich abzeichnenden Schuldenkrise im globalen Süden, warnt Walden Bello. Als eine Ursache nennt der Soziologe die einst attraktiven Kredite, die westliche Banken und private Investoren an ärmere Länder vergeben haben, die inzwischen aber angesichts steigender Zinsen kaum zu bedienen sind. An den Zahlungsausfällen trage der Norden also eine ordentliche Mitschuld, so Bello, der von den G20-Staaten deshalb unter anderem einen radikalen Schuldenschnitt verlangt. 

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre 

Melanie Kräuter
Redakteurin  

Das bewegt die Redaktion

Es gibt gerade viele Nachrichten, die uns bewegen oder sogar wütend machen: Zwei davon sind der sogenannte EU-Asylkompromiss und das schreckliche Bootsunglück vor der Küste Griechenlands. Ich denke, mit einer anderen Politik könnte die EU verhindern, dass jedes Jahr Hunderte Menschen auf ihrer Flucht im Mittelmeer ertrinken. Doch statt zum Beispiel die zivile Seenotrettung zu unterstützen oder legale Wege der Migration zu schaffen, verstärkt die EU lieber ihre Abschottungspolitik. Das zeigt der Asylkompromiss besonders gut in Tunesien: Das nordafrikanische Land soll bis zu 900 Millionen Euro an „Hilfsgeldern“ bekommen. Ein Teil davon wird in „Grenzmanagement“ investiert, welches Flüchtende daran hindern soll, in die EU zu kommen. Meine Kollegin Barbara Erbe hat vor Kurzem in ihrem Leitartikel geschrieben, dass Tunesien, wo Ende 2010 der Arabische Frühling begann, ein Hoffnungsträger für eine junge Demokratie war. Doch statt in diese Demokratie zu investieren, hat die EU die Entwicklungen im Land vernachlässigt. Inzwischen ist wieder ein Präsident an der Macht, der Menschenrechte mit den Füßen tritt. Ihm gibt die EU jetzt Geld, damit er uns in Europa Schutz suchende Frauen, Männer und Kinder vom Hals hält. Da läuft doch etwas grundlegend falsch!    

Neu auf welt-sichten

Ein Armutszeugnis: In ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie degradiert die Bundesregierung die Entwicklungspolitik auf ein Instrument der Geopolitik und die zuständige Ministerin schaut dabei zu, kritisiert Tillmann Elliesen.

„Jetzt sind Flexibilität, Klarheit und Demut gefragt“: Das drakonische Anti-Homosexualitätsgesetz in Uganda stellt auch kirchliche Hilfswerke wie Brot für die Welt vor ein Dilemma: Wie geht man mit Partnern um, die dieses Gesetz befürworten? Und wie wird es die Projektarbeit verändern? Helle Døssing und Miriam Klier geben Antworten.

Handgeschrieben up to date: Damit die entlegenen Dörfer im Süden Bangladeschs nicht von Informationen abgeschnitten sind, gibt es die handgeschriebene, nach einem örtlichen Fluss benannte Zeitung „Andharmanik“. Unsere neue Folge der Serie "Was tut sich...in?"

„Haiti wird vergessen“: Die Schweiz stellt noch dieses Jahr die bilaterale Zusammenarbeit mit Haiti ein – und das in einer sehr schwierigen Zeit für das Land. Esther Belliger vom Schweizer Hilfswerk Helvetas erklärt, was das für die Arbeit vor Ort bedeutet. 

Noch immer interessant

Am Dienstag war Welttag des Albinismus: In vielen afrikanischen Ländern werden Betroffene stigmatisiert und diskriminiert oder sie bekommen Geld für ihre Haare und Nägel angeboten. Denn selbsternannte Wunderheiler in Uganda und vielen anderen Ländern in Subsahara-Afrika benutzen Körperteile und Organe von Albinos für ihre schwarze Kunst. Unsere Korrespondentin Sofi Lundin hat schon 2019 über Betroffene und deren Erfahrungen geschrieben, aber auch darüber, dass sich inzwischen einiges zum Besseren wendet.

Medienschau: Worüber andere berichtet haben

Eine Ghanaerin schwimmt im Volta-Fluss aus Protest gegen Textilmüll, berichtet "The Guardian" und erklärt, was unser Handel mit Altkleidern anrichtet: Textilien vergiften eine Lagune bei Accra und verwandeln eine Siedlung in eine Müllhalde. Eindrucksvolle Fotos! 

Wie der digitale Shutdown im Senegal Demokratie und Wirtschaft erstickt: "The Conversation" über die restriktive Internetpolitik der Regierung, die damit die Opposition schwächen will.

Podcast-Tipp: Wie das heutige Ruanda zum Polizeistaat mit stalinistischen Zügen geworden ist, schildert die britische Journalistin Michela Wrong in ihrem jüngsten Buch. Im Interview mit "Foreign Affairs" erklärt sie, dass auch sie lange Hoffnungen auf Präsident Paul Kagame gesetzt hat, der seit dem Völkermord an den Tutsis 1994 an der Macht ist. Wrong erklärt, wie sie ins Zweifeln gekommen ist, welche Ansichten sie im Laufe ihrer Recherchen geändert hat – auch über den Völkermord – und warum Kagame die Gewalt im Ostkongo schürt. Viele Beobachter und Diplomaten sehen laut Wrong der Wahrheit bis heute nicht ins Gesicht. Hörenswert!

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Arme Länder beherbergen die meisten Flüchtlinge: Die Zahl der Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Gewalt und Krieg hat mit 110 Millionen einen Höchststand erreicht, berichtet der UNHCR-Flüchtlingsreport. Deutschland liegt an vierter Stelle der Aufnahmeländer – hinter der Türkei, Iran und Kolumbien. 

Erdgas für den Übergang? In Afrika ja, schreiben Fachleute in "The Conversation": Nur mit Gas in Flaschen kann man Holz und Holzkohle beim Kochen schnell und breit ersetzen. Länder im Norden behindern das trotz großem Gesundheitsnutzen und minimalen Klimaschäden, klagen Forscher. 

Ausblick: Was nächste Woche ansteht

Um eine Halbzeitbilanz der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) geht es bei einer Konferenz am 19. und 20. Juni in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin. Es bleiben noch siebeneinhalb Jahre, um die Ziele zu erreichen. Wie weit die Welt bis jetzt gekommen ist, fragen sich die zahlreichen Teilnehmer aus Zivilgesellschaft, Kirche und Diakonie in Workshops und Diskussionsrunden. Zu Programm und Anmeldung geht es hier. 

In Basel geht es am 21. Juni um das Thema "Globalisierte Wirtschaft – globalisierte Demokratie". Nach einem Inputreferat von Christopher Patz (European Coalition for Corporate Justice) diskutieren auf dem Podium Franziska Korn (Friedrich-Ebert-Stiftung), Seraina Patzen (Konzernverantwortung.ch) und die Anwältin Ximena González über mögliche Wege die Demokratie auf globaler Ebene zu stärken. Alle Infos gibt es hier. 

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!