Daniel Miller
Das wilde Netzwerk.
Ein ethnologischer Blick auf Facebook
Suhrkamp, Berlin 2012, 219 Seiten, 15,00 Euro
800 Millionen Menschen auf der ganzen Welt nutzen Facebook. Was macht dieses soziale Netzwerk so attraktiv? Dieser Frage ist der britische Ethnologe Daniel Miller auf der Karibikinsel Trinidad nachgegangen. Er hat dort Frauen und Männern aus unterschiedlichen sozialen Schichten über die Schulter geschaut, während sie bei Facebook surften, um herauszufinden, was sie da eigentlich tun und warum. Das Buch versammelt sieben Porträts – zum Beispiel das von Marvin, dessen Ehe zerbricht, weil er bei Facebook mit anderen Frauen anbändelt. Oder das von Dr. Karamath, einst ein Globetrotter in Sachen Menschenrechte, dem das Netzwerk einen neuen Zugang zur Welt verschafft hat, seit er im Rollstuhl sitzt und nicht mehr reisen kann. Millers Fazit: Facebook ist eine Welt für sich, für seine Nutzer zugleich aber selbstverständlicher Teil der realen Welt. Das Netzwerk ergänzt, verstärkt oder schwächt ab, was im wirklichen Leben passiert. Es setzt außerdem fort, was im Fernsehen einst mit Soap Operas und später mit dem sogenannten Reality-TV à la „Big Brother“ begann: Fiktion und Wirklichkeit werden eins. Und es befriedigt ein Bedürfnis, das dem Menschen angeboren ist, in der modernen Welt aber oft zu kurz kommt: Teil einer Gemeinschaft zu sein. Der Erfolg von Facebook, schreibt Miller, beruht insofern nicht auf Innovation, sondern auf Konservatismus.
(ell)
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