Zu Besuch bei Afrikas Mittelschicht

Zu Besuch bei Afrikas Mittelschicht

Bettina Gaus
Der unterschätzte Kontinent.
Reise zur Mittelschicht Afrikas.

Eichborn Verlag,
Frankfurt am Main 2011,
253 Seiten, 19,95 Euro


Die Berliner Journalistin Bettina Gaus hat 16 afrikanische Staaten südlich der Sahara bereist, um Angehörige der Mittelschicht über ihr Leben zu befragen. Die Idee ist gut – aber das Ergebnis eher durchwachsen.

Gaus war für ihr Buch viel mit Bussen unterwegs und hat einiges erlebt, was Touristen unterwegs eben passiert: Buspannen, ohne Hotel nachts irgendwo ankommen, sich beim Geldwechseln über den Tisch ziehen lassen, von lauten Fernsehern terrorisiert werden. Das Ziel ihrer Reise: Gespräche mit Vertretern der afrikanischen Mittelschicht. Ein Arzt in Tansania, ein Dorfvorsteher und eine Geologin in Mosambik, eine höhere Verwaltungsangestellte in Sambia, ein Stadtplaner in Ghana und viele andere erzählen aus ihrem Leben.

Die Autorin berichtet über familiäre Hilfe und Verpflichtungen und rätselt über den festen Glauben gebildeter Afrikaner an Zauberei. Unterhaltsam schildert sie die absurd hohen Preise in Luanda, die Hitze in Nigeria, die immer wieder großartige (und kostenlose) Hilfsbereitschaft von Fremden und das irgendwie sympathische Burkina Faso.

Immer wieder wirft die Autorin die Frage auf, wie sich Mittelschicht eigentlich definieren lässt. Am meisten überzeugt die Formel, dass Angehörige der afrikanischen Mittelschicht besser gebildet und ausgebildet sind als die Mehrheit, von ihren Einkommen leben können und auch in der Lage sind, einen Arzt zu bezahlen oder andere größere Ausgaben zu bewältigen. Gaus erzählt, wie es ihren Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern gelungen ist, dorthin zu kommen.

Leider bleibt sie nicht dabei. Ihr Buch gerät teilweise zu einem stilistisch wackligen Reisebericht. In diesen Passagen klingt die Autorin seltsam naiv und so, als sei sie das erste Mal auf dem Kontinent. Die ständige Formel „Ich finde, dass“, stört ebenso wie allzu viele Einordnungen von Beobachtungen, die für sich sprechen. Einige Pointen zu den Reisestrapazen zünden nicht. Weniger wäre mehr gewesen. Das Buch ist nur dann stark, wenn die Autorin sich auf ihr Handwerk konzentriert: Geschichten erzählen.

Felix Ehring

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