Ghana gilt vielen als afrikanisches Vorzeigeland für gute Regierungsführung. Nun legt der US-amerikanische Afrikawissenschaftler Ernest Harsch eine ambitionierte Studie vor, wonach Korruption über Jahrzehnte nie besiegt werden konnte. Leider bringt diese Studie jenseits der Quellenvielfalt inhaltlich nur wenig neue Einsichten.
Schon im ersten Kapitel seines Buches weist Ernest Harsch darauf hin, dass er den Begriff „Klasse“ nur vage verwende, da mehrdeutige und sich überschneidende Formen der Klassenunterscheidung weit verbreitet seien. So strukturieren vor allem die Themen Korruption und Politik seine umfangreiche Publikation, die extrem kleinteilig und protokollartig eine Zeitspanne von ca. 120 Jahren umfasst, die von der endgültigen Unterwerfung des Ashanti-Reiches durch die Briten Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Präsidentschaft von Akufo-Addo reicht.
Der Professor am Afrikainstitut der Columbia Universität in New York City beschreibt und analysiert (fast) alle Facetten der komplizierten kolonialen und post-kolonialen politischen Systeme, einschließlich der autonomen Chieftaincy – das System der traditionellen Herrschaft der Könige und Chiefs – sowie ihre Korruptionsanfälligkeit. Die Vielzahl der Akteure, Ereignisse und Quellen sind allerdings für den Leser eine Herausforderung, einigermaßen den Überblick zu behalten.
Rawlings Militärherrschaft beseitigte die Korruption nicht
Leider bietet das Buch jenseits der Quellenvielfalt inhaltlich nichts Neues, sondern bestätigt Altbekanntes. Keine der Regierungen, einschließlich der britischen Kolonialregierung, war imstande, die Korruption erkennbar einzudämmen, geschweige denn zu beseitigen. Selbst die revolutionäre Herrschaft von Jerry John Rawlings, die sich die Beseitigung der Korruption auf die Fahnen geschrieben hatte – auch mit Todesurteilen –, war nur mäßig erfolgreich. Vielmehr führte, so der Autor, Rawlings ein chaotisches und extrem repressives Regime an, dessen politisches Überleben letztlich nur ein demokratisches System absichern konnte. Vor diesem Hintergrund schuf der Chefarchitekt Rawlings in Gestalt der IV. Republik eine Plattform, die seine Macht als nun gewählter Präsident für weitere Jahre absicherte.
So zieht der Autor das Fazit, dass der Kampf gegen die Korruption seit den revolutionären Tagen der Rawlings-Ära zur politischen Rhetorik aller Akteure und Parteien gehört, ohne dass dort nachhaltige Erfolge zu verzeichnen wären. Daran habe auch die Commission for Human Rights and Administrative Justice (CHRAJ), die neben Menschenrechtsverletzungen und staatlicher Willkür auch Korruptionsstrukturen untersucht, nur wenig geändert. Selbst das seit Rawlings bestehende beträchtliche Engagement westlicher Regierungen und Organisationen wie IWF und Weltbank, Ghanas Entwicklung voranzutreiben und unter demokratischen Bedingungen die Korruption zu beseitigen oder zumindest einzudämmen, seien bislang allenfalls partiell erfolgreich. Aber es bestehe Hoffnung, so der Autor in seiner Schlussbetrachtung. Das klingt recht banal.
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