Das „politische Lesebuch“ ergänzt die Reiseliteratur zu den Philippinen um Informationen zur Geschichte, Politik und Gesellschaft des südostasiatischen Staates.
In kurzen Beiträgen widmen sich 40 vornehmlich deutsche und philippinische Autorinnen und Autoren kaleidoskopartig verschiedenen Aspekten der Philippinen: Geschichte, politische Machtverhältnisse, Wirtschaft, Beziehungen zu den USA und China, Gesellschaft der vielen ethnischen Gemeinschaften sowie Folgen des Klimawandels.
Die Herausgeber wollen Menschen für das Land und seine Leute interessieren, die sich bislang noch wenig damit beschäftigt haben. Zum Träumen über die Südsee verleiten sie dabei nicht, denn durch alle Facetten von Geschichte und Gegenwart zieht sich quasi als roter Faden, dass die große Mehrheit der Menschen auf den Philippinen leidet: Jahrhunderte unter spanischer und US-amerikanischer Kolonialherrschaft, japanische Besatzung, Befreiungskampf, den die US-Army für sich nutzte und den Inselstaat zum eigenen Aufmarschgebiet machte, Herrschaft von Familien-Clans, die zur Festigung ihrer Macht vor Menschenrechtsverletzungen bis heute nicht zurückschrecken.
Hinzukommen die tropischen Wirbelstürme, die klimabedingt an Intensität jährlich zunehmen, und im Wechsel mit Dürrephasen Land und Wohnplätze vernichten. Gewerkschaftliche und auch kirchliche Initiativen zu ihrer Unterstützung enden oft, weil ihre Akteure als Kommunisten oder Terroristen diffamiert werden, was sie zu Freiwild macht. Auch die linke Opposition sucht nach 60 Jahren zum Teil bewaffneten Kampfes mit vielen Opfern nach ihrer künftigen Strategie. Es ist wohl kein Zufall, dass am Ende dieses Lesebuches über das einzige christliche Land Südostasiens mit Bischof Antonio Ablon ein Kirchenmann zu Wort kommt: „Ich bin mit ihnen. Ich bin ein Teil von ihnen.“
Verständlich geschriebene Hintergrundinformation
Das Buch ist kurzweilig zu lesen, an manchen Stellen mit spannenden indirekten Bezügen zur Entwicklung in Deutschland, etwa bei Ed dela Torre, der über „Strömungen der Unzufriedenheit“ schreibt, „die zu Populismus und autoritären Tendenzen neigen“.
Die Sprache ist durchgängig verständlich, mal eher wissenschaftlich beschreibend, dann wieder erzählend. Interviews sind ebenso eingebaut wie kurze Texte, etwa von Maria Ressa, Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin 2021, über ihre Kindheit. Das für solch ein Buch notwendige Zahlenmaterial ist lesefreundlich sparsam und textbezogen verwendet. Auch wären genauere Informationen über die Religionen, auf deren Bedeutung für das katholische Land öfter im Text hingewiesen wird, hilfreich gewesen.
Das Buch ist insgesamt eine wichtige Ergänzung zur Reiseliteratur. Kenner der Philippinen entdecken in ihm sicher noch die eine oder andere Neuigkeit, und vor allem finden sie, klug proportioniert, Hinweise auf die vertiefende Literatur. Alle anderen dürfen sich auf Hintergrundinformation freuen, die uns in Deutschland auch die hier lebenden Filipinas und Filipinos näherbringen kann.
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