Ökumenische Grenzgänge

Evangelisches Missionswerk in Deutschland (Hg.)
Wie uns der Geist bewegt – Erfahrungen in der Begegnung mit lateinamerikanischen Pfingstkirchen
EMW – Blaue Reihe, Hamburg 2012,
112 Seiten, Abgabe gegen Spende


Das Evangelische Missionswerk dokumentiert eine gemeinsame Studienreise von Vertretern lateinamerikanischer Pfingstkirchen und Partnerkirchen der EKD durch Deutschland: Eine behutsame Annäherung, die nicht immer spannungsfrei verläuft.

Seit Jahrzehnten zählen die Pfingstkirchen in ihrer unterschiedlichen Gestalt zu den am schnellsten wachsenden christlichen Gemeinschaft en in Lateinamerika. Die historischen protestantischen Kirchen mit ihren theologischen Wurzeln in der Reformation reagierten auf diese Konkurrenz lange Zeit mit einer gewissen Sprach- und Hilflosigkeit. Eine ökumenische Nachbarschaft entstand nicht – von Ausnahmen abgesehen. Es fehlten die Berührungspunkte und das gegenseitige Verständnis für die theologischen Grundlagen.

Im vergangenen Jahr hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nun zwölf Vertreter von Pfingstkirchen sowie Theologen aus ihren protestantischen lateinamerikanischen Partnerkirchen nach Deutschland eingeladen. Bei einer Studienreise nach Wittenberg, in sechs Gemeinden sowie zum Evangelischen Kirchentag nach Dresden hatten sie Gelegenheit, sich über unterschiedliche Frömmigkeitstraditionen und politische Sichtweisen auf Lateinamerika in Zeiten postneoliberaler Krisen auszutauschen. Diesen spannenden und streckenweise alles andere als spannungsfreien Prozess hat das Evangelische Missionswerk (EMW) auf lesenswerte Weise dokumentiert.

Zur Annäherung der Teilnehmer trug ganz sicher bei, dass sich die Pfingstkirchenvertreter klar von neopentecostalen Bewegungen und ihrem Versprechen an arme Menschen, durch die entsprechende Kirchenzugehörigkeit zu Wohlstand zu gelangen, sowie anderen Formen der Manipulation von Gläubigen distanzierten. Die verschiedenen Beiträge zeigen aber auch, dass die deutlichsten Übereinstimmungen und gegenseitigen Andockpunkte im gemeinsamen Kampf gegen Armut, Ausgrenzung, soziale Ungleichheit und die Bedrohung der Schöpfung bestehen. Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit kennen die praxisorientierte Ökumene und das an Sachthemen orientierte Miteinander von Pfingst- und historischen protestantischen Kirchen seit mehreren Jahren. „Wir werden“, formuliert Carlos Duarte von der evangelisch-lutherischen La Plata-Kirche in seinem Beitrag trotzdem behutsam,„nach und nach weniger verschieden und mehr eins werden“. Das ist immerhin eine Perspektive.


Jürgen Schübelin

 

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