Osvaldo Bayer
Aufstand in Patagonien
Trotzdem Verlagsgenossenschaft bei
Alibri Verlag, Aschaffenburg 2010,
424 Seiten, 28 Euro
Patagonien zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Riesige Ländereien, unermesslicher Reichtum ihrer Besitzer und die Armut der Landarbeiter bestimmen die Verhältnisse im Süden Argentiniens. Mit Streiks und Landbesetzungen versuchen sich die Arbeiter gegen schlechte Bezahlung und unzumutbare Arbeitsbedingungen zu wehren. Nach den ersten Arbeitskämpfen 1920 erreichen sie ein Abkommen, das die Landbesitzer, mehrheitlich Briten, jedoch nicht einhalten.
Weitere Streiks und Besetzungen sollen den Forderungen im folgenden Jahr Nachdruck verleihen. Das argentinische Militär unterdrückt diese Kämpfe blutig, zieht von Landgut zu Landgut und tötet mehr als 1500 Arbeiter - meist nachdem sie sich bereits ergeben haben. Dies geschieht in einem Land mit einer demokratischen Regierung, die bereits zwei Jahre zuvor die Todesstrafe abgeschaff t hat. Im Januar 1923 wird der für die Massaker verantwortliche Offizier von dem deutschen Anarchisten Kurt Gustav Wilckens in Buenos Aires erschossen.
Osvaldo Bayers Buch ist nicht nur eine Dokumentation der mörderischen Unterdrückung der Streiks in Patagonien, sondern auch die Darstellung einer inhumanen und auf Ungleichheit basierenden Gesellschaft. Die ausländischen Großgrundbesitzer waren die Herren über Reichtum und Macht: egoistisch, brutal und skrupellos. Macht ergab sich als Summe aus der Gleichung: Land plus Wollproduktion plus Vermarktung plus Kontrolle des Transports. Die jeweiligen Regierungen tolerierten die Verhältnisse oder unterstützten sie sogar.
Mit seinen Recherchen über die Arbeitskämpfe in Patagonien hat der Historiker und Publizist Osvaldo Bayer ein dunkles Kapitel in der Geschichte Argentiniens erforscht und vor dem Vergessen bewahrt. Sein Buch ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der argentinischen Geschichte - und nicht nur dieser. Ein äußerst lesenswertes Buch, das anschaulich und mit vielen Beispielen die Geschichte des Streiks und die individuellen Schicksale vieler der Beteiligten erzählt.
Dieter Hampel
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