Gedämpfte Freude

Die Entwicklungszusammenarbeit erhält von der Schweizer Bevölkerung breite Unterstützung. Dies zeigt eine repräsentative Meinungsumfrage im Auftrag der Alliance Sud der Hilfswerke und der Entwicklungsagentur DEZA. Beide Auftraggeber sind dennoch nur zum Teil zufrieden mit den Ergebnissen.

Trotz Wirtschaftskrise und rechtskonservativer Kritik an der Entwicklungshilfe: 53 Prozent der Befragten befürworten eine Weiterführung der Entwicklungszusammenarbeit auf bisherigem Niveau, 30 Prozent sprechen sich gar für eine Erhöhung aus. „Dabei schätzen Linke wie auch Rechte die Entwicklungszusammenarbeit zu rund zwei Dritteln höher ein, als sie tatsächlich ist“, resümiert Urs Bieri vom Meinungsforschungsinstituts gfs.bern, das die Umfrage durchgeführt hat. DEZA-Direktor Martin Dahinden merkt an, rund 64 Prozent der Befragten hätten das Gefühl, die Schweiz sei eine großzügige Geberin. Tatsächlich aber liege sie im Vergleich mit anderen Indus­trieländern in der unteren Hälfte.

Die Mehrheit findet die Hilfe wirksam und professionell

Die repräsentative Umfrage unter 1205 Stimmberechtigten zeigt das Meinungsbild vom August 2009. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft von Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks, lassen seit 1984 alle vier bis fünf Jahre die öffentliche Meinung zur Entwicklungspolitik erheben. Die Solidarität der Schweizer Bevölkerung ist auch in der jüngsten Befragung ungebrochen. Zudem ist die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung überzeugt, dass die private und die öffentliche Entwicklungshilfe gut ausgestaltet ist und die Werke und die DEZA effizient und professionell arbeiten. Auch die Bekanntheit der DEZA als Institution hat seit der letzten Befragung zugenommen.

Die Freude über den Rückhalt der Entwicklungshilfe in der Bevölkerung ist indes gedämpft. Sorgen bereitet DEZA-Direktor Martin Dahinden und Alliance Sud-Geschäftsleiter Peter Niggli, dass das Interesse an Entwicklungspolitik und an Konfliktursachen weltweit schwindet. Verschiedene Indikatoren deuten darauf hin, dass das Wissen über Entwicklungsländer oberflächlicher geworden ist, obwohl die meisten Befragten angaben, sie hätten „genug Information“. Den Nord-Süd-Graben nennt nur noch ein Fünftel als Konfliktquelle in der Weltpolitik, 2004 war es noch fast die Hälfte.

Entwicklungspolitik wird der Umfrage zufolge verstärkt in den Kontext von innenpolitischen Themen gestellt. So würden heute 23 Prozent der Befragten die Schweizer Entwicklungshilfe „vollständig“ an Bedürftige in der Schweiz auszahlen; 2004 wollten das nur 17 Prozent und vor 10 Jahren nur 12 Prozent der Befragten. Dies liege teils an einer polemisierten Debatte, erklärt Niggli. Dass die Probleme im Inland mehr wahrgenommen werden als globale Herausforderungen, begründet er mit dem Zeitpunkt der Umfrage. Vergangenen Sommer herrschte nach der Wahl von US-Präsident Barak Obama international Entspannung, während die Umfrage 2004 noch vom Irak-Krieg und Konfliktbewusstsein geprägt war.

Der Ruf wird lauter, die Hilfe solle der Wirtschaft nutzen

Im Vergleich zu 2004 erwarten die Befragten heute einen erhöhten Nutzen von Entwicklungszusammenarbeit für die Schweizer Wirtschaft. Aus Sicht von DEZA-Direktor Dahinden darf Entwicklungspolitik jedoch nicht von einem vordergründigen Nutzendenken gesteuert werden. Der Schweizer Entwicklungspolitik gehe es darum, „globale Herausforderungen und innenpolitische Fragestellungen zu verknüpfen, damit sich für alle Beteiligten gute Lösungen ergeben“.

 

erschienen in Ausgabe 4 / 2010: Globale Eliten - Von Reichtum und Einfluss
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