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Welt-Aids-Tag
Wo Aids ein Tabuthema ist, ist die Ansteckungsgefahr besonders groß. Ein ökumenisches Aids-Programm kämpft gegen Vorurteile in Kirchen.

„Es gibt viele Lügen und Vorurteile rund um HIV und Aids“, sagt Emily Wairimu. Die kenianische HIV-Beraterin und Mitarbeiterin einer NGO ist selbst positiv und weiß, wie es ist, abgelehnt und ausgegrenzt zu werden. „In manchen Kirchen heißt es, dass Gebete gegen HIV und Aids ausreichen und die Menschen gar keine Medikamente brauchen. Anderswo herrscht der Glaube, dass Sex mit Minderjährigen vom Virus befreit.“ Das führe dazu, dass häufig Kinder vergewaltigt und angesteckt würden.

Laut Schätzungen von UNAIDS sind 1,4 Millionen der rund 45 Millionen Kenianer mit dem HI-Virus infiziert. Die tatsächliche Infektionsrate in dem ostafrikanischen Land dürfte allerdings sehr viel höher sein, weil es nach wie vor viel Mut braucht, um offen über eine Ansteckung zu sprechen. Neben der Frage, wie HIV-Infizierte an bezahlbare antiretrovirale Medikamente kommen können, ist die Stigmatisierung das größte Problem. Noch immer werden in manchen Gemeinden HIV-positive Menschen vom Gottesdienst oder Abendmahl ausgeschlossen. Manche Pfarrer predigen, dass HIV eine göttliche Strafe für besonders schwere Verbrechen sei. Doch wer böse Blicke fürchten muss, wird seine HIV-Infektion nur ungern öffentlich machen. Das ist der beste Nährboden für weitere Ansteckungen.

Seit 2002 geht EHAIA (Ecumenical HIV and Aids Initiatives and Advocacy) gegen Schweigen und falsche Informationen vor und setzt dabei auf den Einfluss von leitenden Geistlichen auf die Menschen an der Basis. Ins Leben gerufen wurde das Programm des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) auf Bitten afrikanischer Kirchen um mehr Unterstützung im Kampf gegen HIV und Aids. Mittlerweile ist EHAIA auch in Kirchen auf Jamaika, den Philippinen und in der Ukraine aktiv.

Persönliche Begegnungen räumen Vorurteile aus

In Workshops wie im Oktober in Kenia bringt EHAIA Geistliche mit HIV-Positiven, Mitgliedern der LBGT-Community (Lesbisch, Gay, Bisexuell, Transgender) und Sexarbeiterinnen zusammen. Sie sollen lernen, unbefangener mit heiklen Themen umzugehen. „EHAIA schafft es, gesellschaftliche und kirchliche Tabuthemen wie sexuelle Gewalt oder überhaupt Sexualität anzusprechen“, sagt Astrid Berner-Rodoreda, Referentin für HIV bei Brot für die Welt. „Die persönlichen Begegnungen bringen Kirchenleitungen dazu, ihre Einstellung gegenüber sogenannten Schlüsselgruppen zu ändern.“ Aus Togo gebe es Rückmeldungen, dass Sexarbeiterinnen wieder am Gottesdienst teilnehmen, weil sie überzeugt sind, dass sie willkommen sind.

Ein besonderes Augenmerk legt EHAIA auf den Genderaspekt. Frauen und junge Mädchen tragen ein höheres Ansteckungsrisiko, weil sie schlechter gebildet und oft wirtschaftlich von Männern abhängig sind. Bewährt habe sich die Methode der kontextualisierten Bibelarbeit, sagt Berner-Rodoreda. Bibelstellen, in denen Vergewaltigung oder Inzest vorkommen, würden daraufhin analysiert, wie die Männer und die Frauen dargestellt werden, wie sie reagieren und wie Menschen heute mit einer derartigen Situation umgehen würden. „Weil mit biblischen Texten gearbeitet wird, können in kirchlichen Kreisen ein tieferes Verständnis von der Realität von Frauen und Männern und Schritte zu mehr Gerechtigkeit erzielt werden.“

Seit einigen Jahren spielt in der Arbeit von EHAIA auch die Frage, wie Männlichkeit verstanden und gelebt wird, eine wichtige Rolle. „An Workshops zu diesem Thema nehmen inzwischen auch Frauen teil“, sagt Berner-Rodoreda. Häufig werde bereits während der Schulung rückgemeldet, dass die Erfahrungen in die Gespräche mit dem Partner zu Hause einfließen. So könne neu ausgehandelt werden, wie beide sich besser unterstützen können.

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