Brüssel schneidet sich seine Partner zurecht

AKP-Länder
Noch bis zum Jahr 2020 läuft der Cotonou-Vertrag zur Zusammenarbeit der Europäischen Union mit den 79 Staaten Afrikas, der Karibik und der Pazifik-Region (AKP). Brüssel scheint nicht sonderlich an einem gehaltvollen Nachfolgeabkommen interessiert zu sein.

Die Weichen für einen neuen Vertrag sollen schon beim Gipfeltreffen von Europäischer und Afrikanischer Union (AU) Ende November gestellt werden; die gemeinsame Ratstagung von EU- und AKP-Ministern Mitte Dezember ist dann als Auftakt der Verhandlungen vorgesehen.

Die EU-Kommission, die die Verhandlungen für die EU führt, hat in ihrem Bericht zur „Lage der Union“ im September zugesagt, künftig ihre sämtlichen Verhandlungsmandate zu veröffentlichen. Zur Cotonou-Nachfolge hat sie bisher aber noch nichts vorgelegt, obwohl die Zeit allmählich knapp wird. Die nach dem Brexit gewichtigsten EU-Regierungen in Berlin und Paris sind vor allem noch mit sich selbst beschäftigt. Und in vielen anderen EU-Ländern, voran denen im Osten, müssen Vorbehalte überwunden werden, nach dem Brexit die bisher von London geleisteten Beiträge zum Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) auszugleichen. Mit dem EEF wird die Entwicklungszusammenarbeit mit den AKP-Ländern finanziert. Die EU will an dem Fonds festhalten – und zwar in seiner bisherigen Form als von der Kommission verwalteten Geldtopf außerhalb des EU-Budgets.

Hat Brüssel erwogen, keinen Vertrag mehr zu schließen?

Einen Hinweis, in welche Richtung die Verhandlungen seitens der EU gehen werden, hatte Entwicklungskommissar Neven Mimica im Juni gegeben: Ein nächster EU-AKP-Vertrag solle eher eine Rahmenvereinbarung werden; wie die Entwicklungszusammenarbeit konkret aussehe, solle jeweils auf regionaler Ebene geklärt werden. Offenbar war in Brüssel erwogen worden, gar keinen Vertrag mehr mit der gesamten AKP-Gruppe zu schließen. Diese Option sei aber vom Tisch, sagte Pascal Lamy, der Hohe Berater der Kommission für die Vorbereitung des Vertrags, nach einer Rundreise durch AKP-Länder. Die Zusammenarbeit müsse aber den „regionalen Besonderheiten“ besser angepasst werden.

Die Aufgliederung soll den Handels- und Wirtschaftsabkommen (EPA) folgen, über die Brüssel seit Jahren mit regionalen Gruppen der AKP-Länder verhandelt. Dies könnte es laut Lamy zudem erleichtern, die Zusammenarbeit mit benachbarten Ländern besser abzustimmen, die nicht Mitglieder der AKP-Gruppe sind – etwa in der Karibik oder in Nordafrika. Allerdings ist von sechs fertig verhandelten EPAs nur das mit der Karibik-Gruppe bereits ratifiziert. Gegen eine Regionalisierung nach EPA-Muster spricht auch, dass ein Drittel der AKP-Länder von den Abkommen gar nicht erfasst werden, weil sie als am wenigsten entwickelte Länder ohnehin freien Zugang zum Markt der Europäischen Union haben.

Die AKP-Gruppe hat schon im Frühjahr bekundet, dass sie auf einem Gesamtvertrag besteht. Doch selbst wenn der zustande kommt, hat er vielleicht nicht allzu viel Bedeutung – zumindest nicht in Afrika. Denn bereits Anfang Mai haben die EU-Kommission und der Ministerrat in einer gemeinsamen Erklärung den Rahmen für einen „Erneuerten Ansatz für die Afrika-EU- Partnerschaft“ gesetzt. Demnach will Brüssel auf dem Gipfeltreffen mit der Afrikanischen Union in Abidjan (Elfenbeinküste) Ende November eine „Gemeinsame EU-Afrika-Charta“ erarbeiten, die im Wesentlichen alle grundlegenden politischen Entscheidungen auf die Ebene zwischen Europäischer und Afrikanischer Union verlagert. Damit würde ein Cotonou-Nachfolgevertrag mit den afrikanischen AKP-Ländern wohl nur für die Umsetzung von politischen Richtlinien gebraucht, die von höheren EU-AU-Instanzen beschlossen werden.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2017: Süd-Süd-Beziehungen: Manchmal beste Freunde
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