Investoren nach Afrika locken

EU
Ein neuer EU-Fördertopf soll zu Investitionen in Entwicklungsländern ermuntern. Der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) hat Ende September die Arbeit aufgenommen. Zivilgesellschaft und Unternehmer äußern Bedenken.

Die Kommission hatte den Externen Investitionsplan (EIP) und dessen Herzstück EFSD vor einem Jahr auf den Weg gebracht. In für Brüsseler Verhältnisse kurzer Zeit wurde der Fonds fertig, das Parlament gab ihm im Juli mit breiter Mehrheit grünes Licht, im September der Ministerrat. Noch am Tag des Inkrafttretens schlug sein Strategieausschuss fünf Schwerpunktbereiche vor: Energie und Netze, Kleinstunternehmen und Mittelstand, Landwirtschaft, Städte sowie Digitalisierung. Der Fonds ist gedacht für Subsahara-Afrika und die Staaten der sogenannten europäischen Nachbarschaft, die von Nordafrika über den Nahen Osten bis Vorderasien reichen.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass Geld für Investitionen nicht zuletzt wegen des niedrigen Zinsniveaus durchaus vorhanden ist. Es gelange aber sehr oft nicht in die Entwicklungsländer und erst recht nicht in die ärmsten und die fragilen Staaten. Auch die deutsche Wirtschaft investiert in Afrika laut ihrem Afrika-Verein vor allem in Südafrika, den Maghreb-Staaten und in Ländern mit mittlerem Einkommen wie Kenia.

Der EFSD soll deshalb neues Kapital vor allem in die ärmsten und fragilen Länder locken –  zum einen über das sogenannte „blending“, bei dem EU-Gelder mit Kapital anderer öffentlicher und privater Investoren wie Unternehmen, Banken und Entwicklungsagenturen gemischt wird, zum anderen mittels einer neuartigen Ausfallgarantie für diese Investoren, wenn sie mit ihren Geschäften Schiffbruch erlitten haben. Für „blending“ und Garantie stehen im EFSD 4,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Da die Investoren zugleich eigene Mittel in Höhe von rund 40 Milliarden Euro aufbringen sollen, erwartet die Kommission eine „Hebelung“ um den Faktor elf  auf insgesamt 44 Milliarden Euro.

Der Ökonom Peter Wolff vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn hält eins zu elf einerseits für ein erstrebenswertes Ziel, selbst eins zu drei wäre in seinen Augen noch lohnend. Andererseits ist er skeptisch, wieviel des „gehebelten“ Geldes tatsächlich aus dem Privatsektor stammen wird, auf den sich die EU-Kommission in ihrer Werbung für den ESFD konzentriert. Wolff befürchtet, dass mit dem öffentlichen Geld der EU anderes öffentliches Geld „gehebelt“ wird, nur aus anderer Quelle.

So könnten neben dem deutschen Mittelständler oder dem Betrieb aus Kamerun auch öffentliche Banken wie die Europäische Investitionsbank und die KfW oder die französische Entwicklungsagentur AFD einen kräftigen Teil der Investitionen beisteuern. Vor allem mit dem Geld dieser Institutionen – und nicht mit ihrem eigenen – würden dann Unternehmen in Afrika operieren.

Zu viele Auflagen schrecken Mittelständler ab

Grundsätzliche Bedenken kommen aus der Zivilgesellschaft. Man solle mit Entwicklungshilfe nicht zu sehr den Privatsektor subventionieren, warnte ein Bündnis aus zwölf Organisationen und Netzwerken, darunter Oxfam, Eurodad und ACT Alliance, schon Ende 2016 mit Blick auf den EFSD. Wirksamer sei es häufig, das Geld im Empfängerland in den öffentlichen Sektor zu investieren, etwa in Bildung und Gesundheitsversorgung. Das sei ausschlaggebend für das Gedeihen des Privatsektors.

Auch der Privatsektor ist skeptisch. So begrüßt der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft EIP und EFSD zwar generell sowie einzelne Punkte wie die geplante zentrale Anlaufstelle („one stop-shopping“). Zugleich vermutet die Lobbyorganisation, die Brüsseler Pläne seien zu sehr am grünen Tisch ersonnen. In der EFSD-Verordnung formulierte Ziele wie inklusives Wachstum und die Gleichstellung der Geschlechter seien „Auflagen, die man immer wieder in solchen Instrumenten findet und die wegen der damit verbundenen Bürokratie einen Mittelständler zum Wahnsinn treiben“, sagt Hauptgeschäftsführer Christoph Kannengießer.

Schon jetzt hätten Unternehmen in Afrika mit vielen Hürden zu kämpfen, der EFSD solle deshalb nicht weitere aufstellen. „Sonst legen Mittelständler das Zeug zur Seite und sagen: ‚Dann investiere ich eben weiter in Asien und Lateinamerika, das ist einfacher.‘“

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erschienen in Ausgabe 11 / 2017: Süd-Süd-Beziehungen: Manchmal beste Freunde
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