Entwicklungshilfe aus Wien im Abwärtstrend

Die Entwicklungshilfe Österreichs sinkt weiter. Denn Schuldenerlasse, die rund die Hälfte der österrreichischen Hilfe ausmachen, laufen aus und die Regierung plant keine neuen Mittel zum Ausgleich ein. Die jüngsten Reformen des Haushaltsrechts könnten allerdings eine effektivere Verwendung von Hilfsgeldern bewirken - vorausgesetzt, die Regierung nutzt die neuen Möglichkeiten.

2008 erreichte Österreich mit seiner öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) - der Anteil am Bruttonationalprodukt (BNP) lag bei 0,42 Prozent - einen Platz im europäischen Mittelfeld zwischen Finnland und der Schweiz. Gegenüber 2007 war die ODA um 14 Prozent gesunken. Der Rekordwert damals von 0,5 Prozent des BNP wurde nämlich vor allem durch Entschuldungsmaßnahmen erzielt. Außenminister Spindelegger hat in nun einer Presseaussendung vom 22. März offiziell eingestanden, dass Österreich die zugesagte Steigerung der ODA-Quote auf 0,51 Prozent im Jahr 2010 nicht erreichen wird: „Das ist aufgrund der Krise nicht machbar", sagte er. „Wir müssen uns jetzt auf unsere Aufgaben zur Sicherung des Wirtschafts- und Arbeitsstandorts Österreich konzentrieren."

Der Rückgang der Leistungen ist für die Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, Ruth Picker, keine Überraschung. Die Regierung versäume seit Jahren, den Wegfall der Entschuldung durch neue Budgetmittel auszugleichen. „Dabei ist gerade jetzt solidarisches Handeln nötig", kritisiert sie. „Die Wirtschaftskrise stürzt Millionen Menschen in Armut, Hunger und Verzweiflung."

Die Mittel der Austrian Development Agency (ADA), der für Entwicklungszusammenarbeit zuständigen Agentur des Außenministeriums (sie verwaltet rund 8 Prozent der ODA), sind für 2009 gekürzt worden, wenn man das neue Budget für Katastrophenhilfe herausrechnet. Der Plan, den Südkaukasus zur neuen Schwerpunktregion zu machen, wird auf unbestimmte Zeit verschoben und auch in Afrika setzt die ADA den Sparstift an. Da trifft es sich gut, dass sie in einigen Ländern ohnedies den Ausstieg vorbereitet hat. Kap Verde verliert den Status als Schwerpunktland, für Senegal werden die Projektmittel gekürzt. Auch Nepal bekommt weniger Geld.

Gerhard Bittner, der Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) und des Österreichischen Instituts für Spendenwesen, hofft aber, dass sich die seit Anfang 2009 wirksamen Reformen im Haushaltsrecht auch auf die Entwicklungszusammenarbeit günstig auswirken werden. Er verspricht sich Entlastungen für nichtstaatliche Organisationen (NGO), die oft Spenden für Projekte einsetzen müssen, mit deren Finanzierung durch die öffentliche Hand sie sicher gerechnet hatten. Seit Jahresbeginn gibt die sogenannte Flexi-Klausel Ministerien mehr Freiraum bei der Budgetverwaltung, der auch an die einzelnen Dienststellen wie die ADA weitergegeben werden kann. Dazu gehört die Mitnahme von Überschüssen ins neue Budgetjahr. Bisher mussten unverbrauchte Mittel zurückgezahlt werden und wurden deshalb oft in letzter Minute ausgegeben. Auch Helmuth Hartmeyer, der Abteilungsleiter für Entwicklungspolitische Kommunikation und Bildung in der ADA, sieht, „dass das interessante Möglichkeiten eröffnet, an die NGOs mehr Flexibilität weiterzugeben". Allerdings ist er für die nahe Zukunft wenig optimistisch. Denn die Finanzabteilung der ADA habe die Neuerung bislang nicht übernommen. Den Verantwortlichen gehe es viel eher darum, „möglichst bürokratisch sauber und unangreifbar zu sein".

Ralf Leonhard

 

 

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