Kaum der Rede wert

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Private Investitionen
Entwicklungsbanken wollen Privatkapital für Investitionen in armen Ländern mobilisieren. Das ist offenbar schwieriger als gedacht, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Wenn die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen, muss viel mehr Geld in Bereiche wie Bildung, Gesundheit oder in die Infrastruktur vor allem in den ärmsten Ländern investiert werden. So lautet das entwicklungspolitische Mantra seit dem Jahr 2015, in dem die Ziele verabschiedet wurden. Und weil die Regierungen vor allem der reichen Länder nicht ausreichend Entwicklungshilfe bereitstellen, liegen die Hoffnungen auf der Privatwirtschaft. So könnten aus Milliarden Billionen werden – billions to trillions –, fabulierten die multilateralen Entwicklungsbanken unter Führung der Weltbank vor vier Jahren in einem Diskussionspapier.

Ein neue Studie des Center for Global Development gießt allerdings etwas Wasser in diesen Wein: Der bisherige Beitrag privater Investoren zu den SDG sei kaum der Rede wert, und auch die Bemühungen von entwicklungspolitischen Finanzinstitutionen, Privatkapital zu mobilisieren, hätten bislang wenig gefruchtet. Das gilt laut der Studie vor allem für die ärmsten Länder: 93 Milliarden US-Dollar sind demnach im Jahr 2017 mit Beteiligung der Privatwirtschaft in Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländer geflossen, davon allerdings nur drei Milliarden in die Länder mit niedrigem Einkommen.

Dort halten sich Investoren zurück, weil die Bedingungen schlecht seien und weil für sie nichts zu verdienen sei, heißt es in der Studie mit Blick auf die Stromversorgung in Kenia: In dem ostafrikanischen Land sei der Zugang zu Elektrizität in den vergangenen Jahren zwar stark ausgebaut und entsprechend Infrastruktur errichtet worden. Aber der Strom könne nur zu hochsubventionierten Preisen verkauft werden – nichts für Privatinvestoren auf der Suche nach Rendite.

Nur Subventionen für Privatwirtschaft?

Auch die Versuche von Finanzinstitutionen wie der Weltbank-Tochter IFC oder von multilateralen Entwicklungsbanken, durch Beteiligungen private Investoren anzulocken oder über Mischfinanzierungen privates Kapital „zu hebeln“, seien wenig erfolgreich. Laut der Blended Finance Task Force, auf die sich die Studie beruft, liege das Verhältnis von öffentlichen zu privaten Mitteln, das über solche Instrumente erzielt wird, bestenfalls bei 1:1,5: Auf jeden Dollar öffentliches Geld kämen 1,5 Dollar Privatkapital.
Anderen Studien zufolge sei das Verhältnis deutlich schlechter: von mageren 1:0,37 in armen Ländern bis zu 1:1,06 in Ländern mit unterem mittlerem Einkommen. Zum Vergleich: Die Europäische Union glaubt, mit ihrem External Investment Plan Privatkapital im Verhältnis von 1:11 hebeln zu können: für jeden Euro aus dem EU-Haushalt 11 Euro Privatkapital.

Das sind laut der Studie Hirngespinste. Mit dem Versprechen „billions to trillions“ hätten die internationalen Finanzinstitutionen den Mund schlicht zu voll genommen. Das meiste Geld zur Erreichung der SDG werde auch in Zukunft aus öffentlichen Haushalten kommen.  Die Autoren sind nicht dagegen, dass mit Entwicklungshilfe weiter versucht wird, privates Kapital zu mobilisieren. Aber das müsse besser durchdacht und zielgerichteter als bisher geschehen, um nicht knappes öffentliches Geld zur Subventionierung der Privatwirtschaft auszugeben, ohne dabei den Nachhaltigkeitszielen näher zu kommen.

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