„Bewusstsein geschaffen“

Textilbranche
Die Kampagne für Saubere Kleidung setzt sich seit Jahren für faire Löhne in den Textilfabriken ein. Was hat das bislang gebracht, Frau Burckhardt?

Sie sagen, kaum eine Arbeiterin in den Lieferketten internationaler Modefirmen verdient genug, um in Würde leben zu können. Woher wissen Sie das?
Die weltweite Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign CCC) hat vor fünf Jahren erstmals internationale Textilunternehmen befragt, welche Schritte sie unternommen haben, damit ihre Lieferanten existenzsichernde Löhne zahlen. Jetzt haben wir noch einmal bei 45 Unternehmen nachgefragt. Ergebnis: Von den elf deutschen Unternehmen, die darunter waren, stellt keines sicher, dass seine Lieferanten existenzsichernde Löhne zahlen. Mehr noch: Nur ein Unternehmen (Tchibo) hat in Ansätzen berechnet, ob der gezahlte Preis auch die Zahlung von existenzsichernden Löhnen erlaubt.

Haben die Firmen überhaupt ausreichend Einfluss auf ihre Lieferanten?
Die Markenfirmen diktieren Preise, Auftragsmengen und Qualitätsanforderungen. Dabei spielen sie oft Zulieferer und auch ganze Länder gegeneinander aus. Natürlich hängt ihr Einfluss auf einen Lieferanten davon ab, wie viel sie bei ihm kaufen. Wenn Firmen wie Otto oder Lidl, verlangten, dass ihre Lieferanten existenzsichernde Mindestlöhne zahlen sowie Arbeitsschutz und Vereinigungsfreiheit gewährleisten, hätte das eine durchschlagende Wirkung. Es muss klar werden, dass es um vorrangige und verpflichtende Hauptziele geht und nicht um wünschenswerte Fern- oder Nebenziele.

Hat die Kampagne für Saubere Kleidung also bislang nichts gebracht?
Wir konnten zahlreiche Entschädigungszahlungen an die Arbeiterinnen bei Unfällen durchsetzen oder auch die Gebäudesicherheit erhöhen. Die Kampagne hat ein Bewusstsein geschaffen und den Bekleidungsfirmen ihre Verantwortung vor Augen geführt. Die reagieren bislang mit Versprechungen, aber keiner klaren Strategie zur Zahlung existenzsichernder Löhne. Zusammenschlüsse wie das Textilbündnis sind ein wichtiger Erfolg, aber es ist eine freiwillige Initiative, bislang beteiligt sich nur die Hälfte der deutschen Bekleidungsfirmen daran. Was wir zusätzlich brauchen, ist eine verbindliche Gesetzgebung: ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte in ihren Auslandsgeschäften verpflichtet. Sobald ausgebeutete Textilarbeiterinnen ein Klagerecht in Deutschland hätten, würden Modefirmen aus Eigenschutz besser auf die Arbeitsbedingungen achten.

Was sagen Sie zu dem Argument, dass sich ein Unternehmen im internationalen Konkurrenzkampf derlei Standards nicht leisten kann, wenn andere sie auch nicht einhalten?
Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber: Der Lohnanteil bei den Textilkosten liegt im Durchschnitt bei ein bis zwei Prozent, das sollte selbst für einen Discounter machbar sein. Zudem müssen sich auch die Verbraucher klar machen, dass es besser ist, weniger und dafür nachhaltig produzierte Textilien zu kaufen, als haufenweise Billigprodukte. Letztendlich ließe sich das Konkurrenzproblem dadurch lösen, dass verbindliche internationale Abkommen wie ein Lieferkettengesetz geschlossen werden.

Das Gespräch führte Barbara Erbe.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2019: Aufbruch am Horn von Afrika
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