Die Nationalbank und der Klimawandel

Schweiz
Laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist die Wirtschaft des Landes nicht stark vom Klimawandel bedroht. Die Vereine Klima-Allianz Schweiz und Artisans de la transition halten das für eine fahrlässige Fehleinschätzung. In einer Studie fordern sie, die SNB solle dem Beispiel anderer europäischer Zentralbanken folgen und eine Klimaschutzstrategie vorlegen.

Laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist die Wirtschaft des Landes nicht stark vom Klimawandel bedroht. Die Vereine Klima-Allianz Schweiz und Artisans de la transition halten das für eine fahrlässige Fehleinschätzung. In einer Studie fordern sie, die SNB solle dem Beispiel anderer europäischer Zentralbanken folgen und eine Klimaschutzstrategie vorlegen.

Nach Berechnungen des Anbieters ISS-Ethix, der Daten zu Klimainvestitionen auswertet, ist die SNB mit ihren Anlagen in der fossilen Brennstoffindustrie für Emissionen von 43,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr verantwortlich. Das ist fast so viel, wie die Gesamt­emissionen der Schweiz im Jahr 2017 betrugen.

Doch die Zentralbank sieht deshalb keinen Handlungsbedarf. Andréa Maechler, Mitglied des Direktoriums der SNB, kam in einer Rede in Genf Ende letzten Jahres zum Schluss: „Die Klimarisiken insgesamt, die in der Schweiz die Stabilität der Wirtschaft und des Finanzsystems beeinflussen könnten, scheinen zurzeit nach unserer Einschätzung mäßig zu sein.“ Schließlich liege die Schweiz nicht am Meer und ihre Sachwerte seien gut versichert. Auch die Risiken eines Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft seien gering, denn die Schweiz habe nur wenig Schwerindustrie, die davon betroffen wäre.

Die am 21. April publizierte Studie der Vereine Klima-Allianz Schweiz und Artisans de la transition über die Anlagen der Nationalbank in fossile Energieträger kommt zu einem anderen Schluss. Zwar sei die Schweiz nicht direkt vom steigenden Meeresspiegel betroffen, erwärme sich jedoch doppelt so schnell wie der weltweite Durchschnitt. Das besagen Daten von Meteo Schweiz, dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie. Ein vom Bund veröffentlichtes Klimawandelszenario für die Schweiz erwartet gravierende Auswirkungen, am stärksten betroffen würden die Landwirtschaft und der Tourismus.

Außerdem verleite die SNB mit ihrer Verharmlosung zu risikoreichen Investitionen. So habe beispielsweise die Großbank Credit Suisse in den letzten vier Jahren das 1,7-fache ihres Eigenkapitals als Kredite an Branchen vergeben, die auf fossilen Brennstoffen basieren, heißt es in der Studie. Die UBS habe im Jahr 2019 ihre jährlichen Investitionen in Kohle sogar ver­neun­facht. Drei von vier der sechzig größten Schweizer Pensionskassen verfügen laut der Studie über keine Klimapolitik.

Die SNB ist vor rund einem Jahr als eine der letzten Zentralbanken dem Network for Greening of the Financial System beigetreten, dem Netzwerk, das die Finanzsysteme der Länder klimaverträglich gestalten soll. In dessen Richtlinien sind die Zentralbanken angehalten, ihre Investitionen nachhaltig und klimaverträglich auszurichten. Die SNB weist dabei laut der Studie einen deutlichen Rückstand gegenüber anderen europäischen Zen­tralbanken auf.

So prüft die Europäische Zentralbank (EZB) aktuell ihre Strategie, um Klimarisiken in ihre Geldpolitik und Vermögensverwaltung zu integrieren. Auch Zentralbanken mehrerer europäischer Staaten führen Klimastresstests durch, um die Folgen eines Klimaschocks oder die Wirkung einer ehrgeizigen Klimapolitik abschätzen zu können.

Die Studienautoren fordern von der SNB unter anderem, sie solle ebenfalls eine Strategie für das Management von Klimarisiken entwickeln und fundiert darüber berichten. Außerdem müsse die Nationalbank sicherstellen, dass sich alle Finanzakteure der Klimarisiken bewusst seien. 

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erschienen in Ausgabe 7 / 2020: Der Plan für die Zukunft?
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