Entwicklungsexperten sehen Gates-Agrarprogramm gescheitert

Grüne Revolution
Mit chemischem Dünger und Hybrid-Saatgut will eine von Bill Gates gegründete Allianz die Landwirtschaft in Entwicklungsländern ertragreicher machen. Doch eine Studie ergibt, dass die Millionen-Investitionen mancherorts den Kleinbauern sogar schaden.

Entwicklungsexperten werfen einem von Bill Gates gegründeten millionenschweren Landwirtschaftsprogramm vor, seine Ziele verfehlt zu haben. Die "Allianz für eine grüne Revolution in Afrika" (Agra) habe die Lebensumstände vieler Bauern sogar verschlechtert, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Analyse mehrerer Organisationen, zu denen die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung, "Brot für die Welt" und das Forum Umwelt und Entwicklung gehören. Statt den Hunger zu halbieren, habe sich seit dem Start von Agra die Zahl der Hungernden in den 13 Agra-Schwerpunktländern um fast ein Drittel erhöht, erklärte der Agrarexperte der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Jan Urhahn.

Agra war 2006 gegründet worden und wird vor allem von der Bill- und Melinda-Gates-Stiftung, aber auch aus deutschen Steuermitteln finanziert. Nach eigenen Angaben hat die Allianz seither mehr als 500 Millionen Euro in Projekte vor Ort investiert.

Bauern landen in der Schuldenfalle

"Die 'grüne Revolution' ist ausgeblieben", sagte der Agrarexperte von "Brot für die Welt", Stig Tanzmann, dem Evangelischen Pressedienst (epd) . "Die versprochene Verdopplung von Einkommen ist nicht eingetreten, im Gegensatz sind viele Kleinbauern in der Verschuldungsfalle gelandet." Die Organisationen fordern Geberstaaten wie Deutschland deshalb auf, ihre Zahlungen an Agra einzustellen. Basis der Studie ist eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Tufts-Universität in Boston (USA). Diese kommt zu dem Schluss, dass Agra das Einkommen von Bauern, landwirtschaftliche Produktivität und Ernährungssicherheit der Bevölkerung kaum gesteigert hat. Das erklärte Ziel von Agra, durch den Einsatz chemisch-synthetischer Düngemittel und industriell gezüchteten Saatguts Erträge und Einkommen für Kleinbauern zu verdoppeln, sei nicht erreicht worden.

Stattdessen seien die Erträge von Grundnahrungsmitteln seit der Agra-Gründung nur in einem ähnliche Maße gestiegen wie zuvor, nämlich um 1,5 Prozent pro Jahr. In 8 der 13 Schwerpunktländer sei der Produktivitätsanstieg rückläufig gewesen, in 2 sei die Produktion sogar zurückgegangen, obwohl Agra nach eigenen Angaben mehr als 500 Millionen US-Dollar investiert habe. Durch die von Agra propagierte Nutzung hybriden Saatguts vor allem für Mais sowie Subventionsprogramme für Dünger und Pestizide sei der Anbau von traditionellen Feldfrüchten wie Hirse und Sorghum zurückgegangen.

Böden versauern

Zudem seien durch die neuen Methoden Böden versauert sowie Mischkulturen und bäuerliche Saatgutsysteme zurückgedrängt worden. Während Bauern in von Agra finanzierten Programmen gezwungen gewesen seien, kommerzielle Agrarprodukte zu nutzen, habe die Allianz über afrikanische Regierungen auf Gesetze etwa zum Sortenschutz hingewirkt, die Agrar- und Chemiekonzernen nutzten.

Die Kritiker von Agra forderten Geberstaaten auf, ihre Mittel künftig in die Förderung von klimaresistenten, ökologischen Anbaumethoden umzuschichten. Deutschland habe schon erste Schritte in diese Richtung unternommen, lobte Tanzmann von "Brot für die Welt". Auch afrikanische Regierungen sollten sich aus Agra und anderen Programmen der 'grünen Revolution' zurückziehen.
 

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