Entwicklungsministerium will schärfere Kriterien für "Grünen Knopf"

Berlin - Ein Jahr nach der Einführung des ersten staatlichen Gütesiegels für Textilien will das Bundesentwicklungsministerium die Kriterien für den "Grünen Knopf" verschärfen. So sollen künftig auch erste Produktionsschritte kontrolliert werden, also die Arbeit in Spinnereien, am Webstuhl oder bei der Herstellung von Synthetikfasern, wie das Ministerium anlässlich des Jahrestags am Mittwoch ankündigte. Das ist derzeit nicht der Fall. Der "Grüne Knopf" findet sich auf Produkten, bei denen Kinder- oder Zwangsarbeit vermieden wird. Bei der Verarbeitung müssen zudem Mindestlöhne gezahlt und Arbeitszeitregeln eingehalten werden.

Kontrolliert wird bislang aber erst in Werkhallen, wo Textilien zugeschnitten, genäht, gebleicht oder gefärbt werden. Rund 75 Millionen Menschen arbeiten den Angaben nach weltweit in diesem Bereich. Nicht kontrolliert werden derzeit neben Spinnereien und Kunstfaserherstellung auch die Bedingungen auf den Baumwollplantagen.

100 Firmen an Zertifizierung interessiert

52 Firmen stellen laut Ministerium inzwischen Kleidung, Bettwäsche oder Rucksäcke mit dem "Grünen Knopf" her. Außerdem seien etwa 100 Firmen an dieser Zertifizierung interessiert, weitere Dutzend Unternehmen befänden sich im Prüfprozess. Die Verbraucherzentrale Bundesverband beklagt, dass das Siegel aber bei den großen Textilketten noch nicht angekommen ist. Auch müsse es klar definierte Sanktionsregeln geben.

Zu den Firmen, die das staatliche Zertifikat nutzen dürfen, gehören die Discounter Aldi Nord und Süd, Hess Natur, der Outdoor-Ausstatter Jack Wolfskin, Kaufland, Lidl, Tchibo und Vaude Sport. Den Angaben nach werden zudem die Beschäftigten von mehr als 20 Unternehmen mit zertifizierter Arbeitskleidung ausgestattet - unter anderem bei der Hotelgruppe Dorint, die auch Bettwäsche mit dem "Grünen Knopf" nutzt. Fußball-Vereine wie der SV Werder Bremen, VfB Stuttgart, Union Berlin, Fortuna Düsseldorf, FC St. Pauli und der HSV haben laut Ministerium Fanbekleidung mit dem "Grünen Knopf". Trotz Corona-Krise seien im ersten Halbjahr 2020 mehr als 50 Millionen Artikel mit dem "Grünen Knopf" verkauft worden, davon rund 35 Millionen Kleidungsstücke. Das entspreche hochgerechnet einem Marktanteil zwischen 1,5 und 3 Prozent.

Nur jeder Fünfte kennt das Siegel

Was die Bekanntheit angeht, ist ebenfalls noch Luft nach oben: Laut Marktforschungsinstitut GfK kennt in Deutschland jeder Fünfte das Siegel. Beim Umweltzeichen "Blauer Engel" (seit 1978) und "Fairtrade Baumwolle" (seit 2005) seien es deutlich über 60 Prozent der Bevölkerung. Das GfK betonte aber, mit 20 Prozent nur ein Jahr nach der Einführung könne der "Grüne Knopf" bereits eine "recht hohe Bekanntheit vorweisen".

Nach Ansicht des Verbraucherschützers Jochen Geilenkirchen kann das Siegel erst mit einem Lieferkettengesetz massentauglich werden. "Es müssten deutlich mehr bekannte Marken das Zertifikat verwenden", sagte der Experte der Verbraucherzentrale Bundesverband im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine gesetzliche Regelung würde zudem das Vertrauen der Menschen in das Siegel stärken.

Derzeit ringt die Bundesregierung um Eckpunkte eines Lieferkettengesetzes. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben dafür schon seit Monaten Vorarbeit geleistet, doch die Vorstellung der Pläne verzögert sich, weil das Wirtschaftsministerium Einwände hat. Ein Lieferkettengesetz hätte zur Folge, dass deutsche Firmen für ausbeuterische Praktiken ihrer ausländischen Geschäftspartner haftbar gemacht werden können.

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