Verantwortliche Investoren wollen die Finanzmärkte beeinflussen
Von Anja Ruf
Ob man es ethisches, verantwortliches oder nachhaltiges Investieren nennt: Der Markt für diese Geldanlagen wächst. Berücksichtigt man die Tendenz, soziale, Umwelt- und Unternehmensführungs-Aspekte in den normalen Finanzmarkt zu integrieren, dann sind in Europa zur Zeit etwa 600 Milliarden Euro ethisch investiert, erklärte das „Forum Nachhaltige Geldanlagen“ im November 2007 bei einer Tagung in der Evangelischen Akademie Arnoldshain.
Weltweit sind es noch weit größere Beträge: Insgesamt zehn Billionen US-Dollar Kapital werfen allein die internationalen Unterzeichner der „Principles for Responsible Investment“ (PRI) in die Waagschale. Diese vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen und dem UN Global Compact ins Leben gerufene Investoreninitiative hat als erklärtes Ziel, stabilere, rechenschaftspflichtigere und langfristig profitablere Finanzmärkte zu schaffen. Erreicht werden soll außerdem, dass Investoren sich an größeren gesellschaftlichen Zielen ausrichten. In Deutschland haben allerdings bislang nur zwei Kapitaleigner unterschrieben: die KfW-Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und die Münchener Rück. Sie haben sich – wie auch die übrigen institutionellen Investoren auf der Unterzeichnerliste – dazu verpflichtet, Ökologie-, Sozial- und Unternehmensführungskriterien in ihre Investmentanalysen und Entscheidungen einzubeziehen.
Die KfW wird als einer der ersten Unterzeichner der PRI ab 2008 bestimmte Anlagearten, die etwa die Hälfte ihres Gesamtkapitals ausmachen, nachhaltig managen – das heißt die Kriterien Unternehmensführung, Umwelt und Soziales berücksichtigen. Die Entwicklungsbank sieht sich nach Auskunft von Pressesprecherin Nathalie Drücke zugleich als „die Umweltbank in Deutschland,was sich in unserem Kerngeschäft widerspiegelt. Beispielhaft zu nennen sind hier unsere Förderaktivitäten im Bereich Klima- und Umweltschutz.“
Auch die Münchener Rück, der weltweit zweitgrößte Rückversicherer, war einer der Erstunterzeichner der PRI. Rückversicherungsgesellschaften gehören zu den größten Versicherungsgesellschaften überhaupt. Die Münchner Rück hat etwa 180 Milliarden Euro Konzerngelder nach den PRI-Prinzipien angelegt.
Die Kapitalanlagestrategie der Gesellschaft ist laut ihrem Pressesprecher Michael Able, langfristig eine optimale Rendite zu erzielen – „nicht zuletzt durch die Vorgabe der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten“. Der bekannteste der verschiedenen Nachhaltigkeitsindices ist der „Dow Jones Sustainability Index“. „Gewaltig große Fragebögen, sehr ins Detail gehend“, sagt Andreas Reichinger von der Abteilung für Risiko-Management der Münchener Rück. Sein Unternehmen hat diese Fragebögen ausgefüllt, denn nachhaltigkeitsorientierte Investoren halten auch dessen Aktien. Sie investieren in der Regel erst nach einer umfassenden Analyse, bei der soziale Aspekte eine Rolle spielen, aber – so Reichinger – auch Fragen nach dem Anteil von Frauen in Führungspositionen oder dem Kohlendioxid-Ausstoß der Firma. Ein weiteres Kriterium seien eigene Klimaschutzmaßnahmen, etwa Wiederaufforstungsprojekte.
Bei der Bewertung nicht börsennotierter Unternehmen arbeitet die Münchener Rück mit der Ratingagentur Oekom Research zusammen. Sie führt auch eigene Länderwertungen durch.Bewertet werde, sagt Reichinger, ob ein Staat nachhaltig ist oder nicht, und zwar anhand von Kriterien wie der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls, dem Korruptionsindex von Transparency International oder der Freedom House-Liste, die die Verwirklichung von Bürger- und Menschenrechten bewertet. Die Münchener Rück orientiere sich dabei generell am „best in class“-Ansatz, wonach die Besten einer Gruppe das Prädikat „nachhaltig“ erhalten, auch wenn nicht alle ihre Praktiken nachhaltig sind. Auf diese Weise werden die Unternehmen gefördert, die sich verantwortlicher zeigen als ihre Wettbewerber. Investiert wird in fast allen Branchen.
Anja Ruf
welt-sichten 1-2008