Nothilfe geht nicht rein digital

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LightRocket via Getty Images/K M Asad
Funktioniert nicht aus dem Homeoffice: Im Mai 2020 warnen Freiwillige In der Region Khulna in Bangladesch vor dem Zyklon Amphan.
Corona 
Wegen Corona experimentieren Hilfsorganisationen mit digitalen Technologien. Doch ohne persönlichen Austausch wird es auch in Zukunft nicht gehen. 

Drohnen mit Fieberthermometern, Katastrophenvorsorge aus dem Homeoffice und Chatbots, die Gesundheitstipps geben: Weltweit experimentieren Hilfsorganisationen während der Corona-Pandemie mit digitalen Technologien, um hilfsbedürftige Menschen trotz Ausgangssperren und Grenzschließungen zu erreichen. „Die Pandemie hat den Nutzen digitaler Technologien nochmal verdeutlicht“, sagte Adelina Kamal, Direktorin des AHA-Zentrums für humanitäre Hilfe und Katastrophenmanagement der Asean-Staaten.

Manches wird dadurch leichter. Zum Beispiel organisiere sie Trainings zur Vorbereitung auf Zyklone oder Erdbeben nun online, sagt Kamal. Auch bei Naturkatastrophen fliege aufgrund der Pandemie nicht mehr zwangsläufig ein Team in das betroffene Land. Stattdessen koordiniere das AHA-Zentrum die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden und Partnerorganisationen aus dem Homeoffice.

Auch andere Hilfsorganisationen experimentieren während Corona mit digitalen Technologien, weil Ausgangssperren und Reiseverbote Hilfe vor Ort erschweren oder unmöglich machen. Eine digitale Revolution der humanitären Hilfe hat die Pandemie entgegen anderslautender Prophezeiungen aber bisher nicht herbeigeführt.

Mobile Zahlsysteme und Kooperation mit Tech-Giganten

So nutzen Hilfsorganisationen vor allem Technologien, die auch schon vor Corona eine Rolle gespielt haben, wie eine Studie des Overseas Development Institute (ODI) zeigt. Um Hilfsgelder zu verteilen, verwenden sie vermehrt mobile Zahlsysteme, die vielerorts schon verbreitet sind. Zudem kooperieren Hilfsorganisationen der Studie zufolge enger mit Digitalkonzernen wie Facebook und Google, um Informationen zum Gesundheitsschutz zu kommunizieren. Experimente mit neuen Hilfsmitteln hätten sich hingegen nicht durchgesetzt, etwa der Einsatz von Drohnen zum Fiebermessen.

Das ODI warnt zudem, die Digitalisierung der humanitären Hilfe könne die soziale Spaltung in Entwicklungs- und Schwellenländern verschärfen. Informationen zum Gesundheitsschutz über Apps und soziale Medien zu verbreiten, schließe Menschen ohne Internetzugang und Smartphones aus. Wenn Mitarbeiter von Hilfsorganisationen nicht vor Ort sind, würden Teile der Bevölkerung aus Informationskreisläufen ausgeschlossen.  

Für Vertrauen braucht es persönlichen Austausch

Davon berichtet auch Mahamud Abdirahman, Direktor des in Somaliland ansässigen Telekommunikationsunternehmens Telesom. Als die Schulen geschlossen wurden, habe es in den Städten teilweise Online-Unterricht gegeben, sagt er. In den ländlichen Regionen sei das wegen der fehlenden Internetverbindung nicht möglich gewesen. Zwar habe die Regierung über Radio und Fernsehen Unterrichtsstunden ausgestrahlt. „Aber dabei fehlt die Interaktion zwischen Schülern und Lehrern“, sagt Abdirahman. 

Auch AHA-Direktorin Kamal warnt davor, Digitalisierung als Allheilmittel zu betrachten: „Wenn wir nur auf die digitalen Technologien schauen, verlieren wir andere wichtige Dimensionen humanitärer Hilfe aus dem Blick“, sagt sie. Entscheidend seien funktionierende Partnerschaften mit lokalen Organisationen und Vertrauen in der Bevölkerung. Für beides brauche es auch das persönliche Gespräch. Die ODI-Studie kommt zu einem ähnlichen Schluss: Die Corona-Pandemie habe deutlich gemacht, dass der Hilfssektor auf persönliche Begegnungen angewiesen sei, schreiben die Autoren. Selbst in Ländern mit hohen Infektionsraten versuchten Helferinnen und Helfer bereits jetzt wieder, mit der Bevölkerung in direkten Kontakt zu kommen.  
 

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