Schlechtes Zeugnis

Entwicklungsfinanzierung
Mehr privates Geld, aber kaum für die ärmsten Länder: Aus welchen Quellen Staaten im Süden Entwicklung finanzieren, erfasst eine aktuelle Studie der Weltbank.

Die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der traditionellen Geberländer verliert für die Finanzierung von Entwicklungsländern insgesamt an Gewicht. Wie stark sich die Geldflüsse aus dem Ausland in den globalen Süden verändert haben, hat nun die Weltbank erfasst und dabei erstmals Zahlen dafür einbezogen, was neue Geberländer – insbesondere die BRICS Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – sowie private Investoren beitragen.

Die Daten spiegeln den Stand vor Ausbruch der Corona-Pandemie wieder und beziehen sich auf Zuschüsse (grants) sowie auf Kredite, die entweder an staatliche Stellen gehen oder öffentlich garantiert werden; außen vor sind private Kredite ohne solche Garantie, zum Beispiel von Firmen bei ausländischen Banken. 

Länder mit mittlerem Einkommen profitieren

Die Studie offenbart bemerkenswerte Trends. So sind seit 2010 private Kapitalflüsse an Entwicklungsländer viel stärker gestiegen als öffentliche und machten 2019 fast die Hälfte der gesamten Zuflüsse aus. Die ärmsten Länder profitieren davon aber kaum: Sie erhielten 2019 ganze 94 Prozent ihrer Finanzmittel in Form von ODA, was aber weniger als ein Drittel der weltweiten ODA ausmachte. Einen größeren Anteil, etwa die Hälfte der globalen ODA, erhalten Länder mit mittlerem Einkommen. Sie bekommen von den traditionellen Gebern auch den größten Teil der Kredite, die nicht als ODA zählen, weil sie nicht der Entwicklung dienen oder nicht verbilligt sind.

Die neuen Geber der BRICS stellen inzwischen über ein Fünftel der globalen Entwicklungskredite bereit. Wie viele Zuschüsse sie vergeben, ist nicht bekannt. Generell werden Zuschüsse besonders für soziale Sektoren wie Bildung und Gesundheit und für Katastrophenhilfe vergeben, Kredite viel für Infrastruktur. 

Wachsender Verwaltungsaufwand

Interessant ist auch: Der Anteil der öffentlichen Mittel (ohne private), die nicht ländergebunden vergeben werden, ist auf über ein Fünftel gestiegen. Das bedeutet der Studie zufolge, dass die Geberstaaten mehr Geld für globale öffentliche Güter oder aber für Nothilfe einsetzen als früher.

Und allen Absichtserklärungen zum Trotz ist die Entwicklungsfinanzierung heute noch stärker fragmentiert als früher. Die Zahl der beteiligten Institutionen pro Geberland ist noch gewachsen und das Volumen der einzelnen Finanzierungen ist im Schnitt gesunken, besonders bei der bilateralen ODA und der Hilfe für soziale Sektoren. Das bedeutet wachsenden Verwaltungsaufwand gerade für sehr arme Länder – genau das sollte eigentlich mit mehr Abstimmung und Arbeitsteilung vermieden werden. Für die traditionellen Geber ist das ein schlechtes Zeugnis.

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